Gesundheit Das neue Leben eines Düsseldorfers nach der Inkontinenz
Düsseldorf · Franz-Robert Massen wollte schon nicht mehr in den Urlaub fahren, weil er alle halbe Stunde zur Toilette musste. Ein Blasenschrittmacher hat jetzt alles verändert.
„Meine Frau hat schon gesagt: Lass uns die Kreuzfahrt auf die Kanaren stornieren. Wenn Du jede halbe Stunde auf Toilette hetzen musst, können wir ja keinen Landausflug mitmachen.“ Es war diese Aussicht, nicht mal mehr in Urlaub fahren zu können, die bei Franz-Robert Massen das Maß endgültig voll machte. „Mein Leben bestand ja nur noch aus Rennen und Rennen und dann kam am Ende nichts. Also habe ich den Dr. Siepmann in der Paracelsus Klinik gefragt, ob er mich noch so rechtzeitig operieren kann, dass ich die Kreuzfahrt mitmachen kann.“
Und der Urologe vom Klinikum in Golzheim konnte. Er legte dem 69-jährigen Patienten, der unter einer neurogenen Blasenentleerungsstörung litt und bei dem die medikamentöse Behandlung nicht gefruchtet hatte, einen Blasenschrittmacher an. „Seitdem bin ich wieder ein normaler Mensch, kann durchschlafen und muss nicht öfter als zweimal täglich aufs Klo wie jeder andere auch“, strahlt Franz-Robert Maassen.
Denn ein Blasenschrittmacher ist eine relativ neue Technologie. „Wir legen die seit einem guten Jahr an“, sagt Stephan Siepmann. Der Patient müsse über einen Zeitraum von sechs bis acht Wochen dreimal für drei bis vier Tage stationär in die Klinik an der Friedrich-Lau-Straße kommen. „Blasenschrittmacher sind eine Möglichkeit, Patienten mit neurogener Blasenentleerungsstörung, Retentionsblase, sowie einer Dranginkontinenz zu helfen. Sie werden bei Patienten angewandt, bei denen die medikamentöse Therapie sowie eine Botoxtherapie versagt haben.“
Franz-Robert Maassen bekam den Blasenschrittmacher auf Probe mit Testelektroden, dann eine vorläufige und schließlich die endgültige Version. Wer eine Befreiung von seinem Harnverlust oder seiner überaktiven Blase sucht, ist mit dem Schrittmacher womöglich bestens bedient. Das gilt für Männer und Frauen gleichermaßen. „Nach dieser OP, die nur etwa eine Stunde dauert und nach der sie drei bis vier Nächte bei uns bleiben sollten, ist die Blasenfunktion wieder ähnlich wie bei einem gesunden Menschen“, sagt Siepmann. Seit kurzem übernehmen auch die Krankenkassen die Kosten für diese Operation.
Nachhaltig geholfen werden kann Männern mit einer ausgeprägten Inkontinenz etwa nach einer Prostata-Operation auch mit dem „Atoms-Band“. Auch dafür ist Siepmann Spezialist. Sein Patient Josef Klünter hatte sich eigentlich schon damit abgefunden, dass er nach einer radikalen Prostatektomie 2006 und einer fehlgeschlagenen Bandimplantation, die 2013 revidiert wurde, den Rest seines Lebens mit Vorlagen leben müsste, was das Besteigen einer Treppe zum permanenten Abenteuer werden ließ. Anfang 2018 machte ihn sein Urologe auf die Möglichkeit der neuartigen Atoms-Band-OP an der Paracelsus-Klinik aufmerksam. „Ich war erst skeptisch“, erinnert sich Klünter, „aber dann wurde mir das so gut erklärt und ich hatte so einen Leidensdruck, dass ich einwilligte.“ Im Februar 2018 wurde er erfolgreich operiert mit einwöchigem Krankenhausaufenthalt. Siepmann: „Mit Hilfe des Bandes kann die Restfunktion des Schließmuskels unterstützt werden. Dabei wird es in einer kleinen Operation über einen kleinen Dammschnitt unterhalb der Harnröhre platziert. Über einen kleinen Adapter, der im Hodensack liegt, kann es befüllt und geleert werden, damit der Schließmuskel die optimale Unterstützung bekommt.“
Der Fortschritt seitdem ist ganz erheblich. „Ich habe eine wesentlich höhere Lebensqualität. Seitdem wurde das noch viermal von außen nachjustiert, was jedes Mal ambulant nur zehn Minuten dauerte. Jetzt passt’s wie angegossen. Ich kann mich wieder unbedacht ganz normal bewegen. Ich nehme wieder am Leben teil, auch die Nächte sind wieder ruhig“, sagt der Düsseldorfer, der gerade seinen 79. Geburtstag feierte. Und der jetzt sogar wieder lange Fahrradtouren unternehmen kann.