Gericht Düsseldorferin tot: Anklage wegen Mord
Düsseldorf · 19-Jähriger war mit hohem Tempo auf das Auto des Opfers aufgefahren.
Eine Familie aus Düsseldorf war am 30. Dezember 2018 nach Süddeutschland unterwegs, um mit Freunden Silvester zu feiern. Bei Heppenheim in Südhessen machte sie Pause auf dem Autobahnparkplatz „Fuchsbuckel“ an der A5. Zeitgleich rast ein 19-Jähriger in einem alten Ford Focus vor einer Polizeistreife auf der Autobahn davon. Das abgelaufene Nummernschild aus dem Jahr 2012 war den Beamten aufgefallen. Der junge Mann aus Groß-Bieberau war zu Hause rausgeflogen, weil er Schmuck der Mutter geklaut und für Geschenke versetzt hatte. Nun wollte er zu seiner Freundin, um dort Silvester zu feiern. Eine Woche zuvor war er beim Fahren ohne Führerschein erwischt worden.
Die Düsseldorferin (39) sitzt mit ihren zehnjährigen Sohn hinten im Auto, während der Vater austritt. Plötzlich ein Knall. Rauch steigt auf, eine Hupe dröhnt. Der 19-Jährige ist auf den Parkplatz eingebogen und in den Mazda der Familie gerast. Die Mutter wird tödlich und der Junge wird schwer verletzt.
Am 12. Verhandlungstag vor dem Darmstädter Landgericht sah Oberstaatsanwalt David Kirkpatrick seine Mordanklage bestätigt und forderte neun Jahre Freiheitsstrafe nach Jugendrecht. Der Angeklagte sei vor der Polizei geflohen, um Straftaten wie Fahren ohne Führerschein zu verdecken. Dadurch, dass der Angeklagte in letzter Sekunde von der linken Spur mit rund 150 Stundenkilometern auf den Parkplatz gefahren sei, habe er den Tod von Menschen in Kauf genommen.
„Was dem Angeklagten als Anhalteweg zur Verfügung stand, waren 64 Meter“, sagte der Oberstaatsanwalt. „Kein Fahrassistenzsystem kann die Grenzen der Physik aufheben.“ Auf fehlende Fahrassistenzsysteme beim Ford Focus des Angeklagten hatten die Verteidiger Sebastian Scharmer und Stephan Kuhn in ihren Plädoyers hingewiesen. „Er dachte, er bleibt auf der Fahrspur“, sagte Kuhn und verwies auf die – seit zwei Jahren illegal erworbene – Fahrpraxis des Mandanten mit dem Audi A9 des Stiefvaters. Die Verteidiger plädierten auf fahrlässige Tötung, ohne ein Strafmaß zu nennen. Die Urteilsverkündung ist am Montag.