Energiekrise in Düsseldorf Schwimmunterricht im Neoprenanzug

Düsseldorf · Die Martin-Luther-Grundschule hat darauf reagiert, dass wegen der Energiekrise im Düsselstrand das Wasser kälter als sonst ist.

Mathis, Darja und Emil (v.l.) bevorzugen den Neoprenanzug, weil es ihnen im Wasser sonst zu kalt ist.

Foto: Marc Ingel

Es ist nicht so, dass Mathis, Darja und Emil besonders zart besaitet wären. Aber es kann aktuell halt eben schon ganz schön kalt im Düsselstrand sein, wenn man ins Wasser steigt. Gut zwei Grad weniger sind es im Vergleich zu vorher, und mit vorher ist der Ukraine-Krieg gemeint, seitdem werden wir alle angehalten, Strom zu sparen, mit unserer Energie hauszuhalten, und das tun die Bäder auch. Und daher haben die drei Zweitklässler der Martin-Luther-Grundschule in Bilk nun im Düsselstrand Badehose und Badeanzug gegen einen Neoprenanzug eingetauscht, wenn sie ins Wasser springen.

„Eigentlich sehen wir das ja nicht so gern, da der Neoprenanzug für Auftrieb sorgt, aber unter den gegebenen Umständen ist das natürlich voll okay“, sagt Lehrerin Julia Kusber. Gerade für Nichtschwimmer sei das schon eine große Überwindung, wenn das Wasser eben nicht mehr 28, sondern 26 Grad warm ist, „das macht viel aus, insbesondere, wenn sich die Kinder anfangs noch nicht so viel bewegen können“, erklärt Kusber. Im Eingang vom Düsselstrand ist bezüglich der Temperaturen in den Düsseldorfer Bädern hingegen auf einem Banner zu lesen: „Seit Juni unverändert: Schwimmbecken 26 Grad, Kursbecken 28 Grad, Planschbecken 30 Grad.“

Umso effizienter gestaltet sich ungeachtet der Wassertemperaturen der Schwimmunterricht, wenn die Martin-Luther-Kinder wie jetzt im Rahmen der Ausbildung zum Fachangestellten für Bäderbetriebe (der Begriff Schwimm- oder gar Bademeister ist schon lange verpönt) von angehenden Profis angeleitet werden. Die Berufsschüler des Franz-Jürgens-Berufskollegs können auf diese Weise das in der Theorie angelernte Wissen in der Praxis ausprobieren. „Eine Win-Win-Situation für beide Seiten, denn so haben wir einen ganz anderen Betreuungsschlüssel“, sagt Kusber. Denn während bei normalem Unterricht zwei Lehrer für mindestens zwei Dutzend Kinder zuständig sind, kommen bei der schon seit fast 20 Jahren zwischen August und Januar praktizierten Kooperation, grob überschlagen, auf drei Kinder ein Auszubildender.

Alternativ könnten sich Kinder in den Ferien zwar auch in Schwimmkursen mit dem nassen Element vertraut machen, „aber dort einen Platz zu ergattern, ist fast unmöglich“. Dabei sei es im wahrsten Sinne des Wortes „eine Lebensversicherung“ für die Kinder, diese Fähigkeit zu beherrschen, auch und gerade im Urlaub, weiß die Pädagogin. „Und das Seepferdchen tragen sie mit Stolz“, sagt sie. Bei den Schwimmzeiten mit den Berufsschülern läuft alles ein wenig über die spielerische Schiene – wird getaucht, dann zum Beispiel nach einem Schatz. Die Gruppendynamik hilft, die Scheu vor dem Wasser zu nehmen, lange Wartezeiten, in denen die Kinder bibbernd am Beckenrand stehen, gibt es nicht.

Nina Haas koordiniert und leitet das Bildungsangebot für die Auszubildenden. „Es ist ein Beruf mit Zukunft, trotzdem herrscht ein Mangel an Bewerbern“, sagt sie. Was Haas aktuell aber noch viel mehr ärgert, sind die frierenden Kinder. „Sie waren die Verlierer der Pandemie, haben das Element Wasser zum Großteil gar nicht kennenlernen dürfen. Und jetzt müssen sie erneut die Folgen der Energiekrise ausbaden.“ Sie kann nicht verstehen, dass nicht wenigstens im Lehrschwimmbecken, das in einem eigenen Kreislauf betrieben wird, die Temperaturen hochgedreht werden.

Was es heißt, den eigenen Nachwuchs mehr oder weniger kaltem Wasser auszusetzen, hat Julia Kusber am eigenen Leib erfahren. „Mein Kind hat sich geweigert, zu schwimmen, weil es ihm im Rheinbad zu kalt war“, erzählt sie. Doch dann fand sie zum Glück mit dem Aqua-Gym an der Glockenstraße in Derendorf eine private Schwimmschule. „Dort ist das Wasser 30 Grad warm, jetzt hat mein Sohn wieder Spaß am Schwimmen.“