Düsseldorf-Bilk Ein Abend voll erster Dates — mit Lieblingsschmökern

Nicht um Liebe, sondern um Literatur geht es beim „Book Dating“ in der Bücherei. Den Teilnehmern hat das Experiment gefallen.

Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. „Ich war zunächst etwas skeptisch und habe einfach mal spontan zwei Bücher eingepackt. Aber wenn man sich warmgeredet hat, bekommt man richtig Lust weiterzumachen.“ Ingrid Scheffler ist eine von acht Teilnehmern, die sich in der Bücherei Bilk zum ersten Book-Dating treffen. Viele sind ohne Erwartungen, aber mit viel Neugier zum Rendezvous der etwas anderen Art gekommen.

Anders als beim klassischen Speed-Dating geht es hier um den Austausch von persönlichen Lese-Tipps und nicht ums Flirten. Ansonsten sind die Regeln die gleichen: Es bilden sich immer Zweier-Pärchen, die sich fünf Minuten lang unterhalten. Dann ertönt der Gong, und die Teilnehmer rutschen einen Sitzplatz weiter. Ob sie dann über das gleiche oder ein neues, oder gleich über ein ganz anderes Thema sprechen, entscheiden sie selbst.

Veronika Kleinen ist eine Vielleserin, seit sie vor vier Jahren in Rente ging. „Ich habe gleich fünf Bücher mitgebracht, die ich empfehlen will.“ Besonders der 1400 Seiten starke Tatsachenroman „Die Wohlgesinnten“, der eine fiktive Biografie mit realen Ereignissen und Figuren des Holocausts verbindet, liegt ihr am Herzen. Mit ihren Freundinnen tauscht sich die Bilkerin regelmäßig über guten Leselektüre aus. „Hier ist es im Prinzip ja das Gleiche, nur das man sich mit Fremden unterhält. Das ist eine sehr interessante, neue Erfahrung.“

Erstaunlich ist die riesige Bandbreite an Büchern, die sich die Teilnehmer ausgesucht haben: Klassischer Stoff von Hermann Hesse, Psycho-Thriller Made in USA oder ein Sachbuch des ehemaligen griechischen Wirtschaftsministers Varoufakis, eigentlich müsste für jeden Geschmack etwas dabei sein. „In zwei, drei Bücher werde ich sicher mal reinblättern. Aber wirklich umgehauen hat mich keines“, gibt Thomas König zu. „Der Abend war trotzdem kurzweilig und hat viel Spaß gemacht.“

Er selbst hat sich mit „Fallers große Liebe“ von Thommie Bayer eher leichte Lektüre auswählt. Auch Ingrid Scheffler gefällt das neue Format. „Durch das Erzählen wird man sich selber viel bewusster, warum man etwas liest und es gut findet. Man erfährt also auch viel über sich selbst.“

Auch nachdem zum letzten Mal der Gong ertönt ist und jeder mit jedem einmal gesprochen hat, bleiben viele Besucher noch eine Weile beisammen und unterhalten sich angeregt - nicht nur über Lieblingsbücher. Über den Hashtag „bookdatingdorf“ können sich die Teilnehmer zudem auch online weiter unterhalten. „Das war unser Anliegen. Der Abend zeigt, dass die Menschen ganz persönliche Empfehlungen mehr schätzen als Bestsellerlisten“, sagt Bücherei-Leiterin Silke Liesenkloß zufrieden. Auch wenn die Teilnehmeranzahl ausbaufähig sei. „So ein neues Format muss sich natürlich rumsprechen.“

Zum ersten Book-Dating in der Zentralbibliothek kamen Mitte September rund 20 Teilnehmer. Eine Neuauflage in Bilk ist für Januar 2016 geplant, vorher gibt es aber noch zwei Termine in Gerresheim und Grafenberg.