Ein City-Problem: Die Nahversorgung mit Lebensmitteln
Düsseldorf. Mein Freund Michael hat einen Vogel. Vielmehr ein Nest in seinem Garten mit einem Küken drin, das pausenlos den Schnabel aufreißt, damit ihm die Vogelmutter den gierigen Schlund stopft.
Notwendige Nahversorgung, um Wachsen und Gedeihen zu gewährleisten. Und später Fliegen lernen. Gilt nicht nur für ein Nest, sondern praktisch für die ganze Stadt.
Nun ist Düsseldorf ja nun nicht gerade ein Nest. In Puncto Nahversorgung aber manchmal doch. Damit meine ich gar nicht die abgelegenen Nester wie Angermund, Kalkum oder Knittkuhl, Himmelgeist oder Hellerhof, auch nicht die unversorgten weißen Neubaugebiete, sondern mitten in Düsseldorf.
Es gibt immer wieder Studien, die meinen, der Stadtbezirk 1 sei der am besten versorgte. Denkste! Da schreibt wohl seit Jahren Einer vom Anderen ab. Es ist nämlich nicht so, dass Bürger von außerhalb kämen, um in der Fülle der Stadtmitte für den tagtäglichen Bedarf einzukaufen. Sieht man mal von der feinen Carlsplatz-Klientel ab, läuft’s eher andersrum. Ich jedenfalls kaufe inzwischen meine Lebensmittel lieber in Oberkassel ein oder in Derendorf, auf der Nordstraße oder auf dem Bauernmarkt am Kolpingplatz. Ist einfach entspannter dort und die Leute sind netter. Und, das wichtigste: Ich kriege, was ich brauche.
Was nützt mir die längste Theke der Welt, wenn ich dazwischen kaum noch Ladentheken finde? Das war mal anders. Als ich in die Altstadt zog, in den 90-er Jahren, gab’s in den Straßen rundherum noch Bäcker und Metzger, auch solche mit angeschlossener Suppenküche. Noch früher soll es allein in der Kurze Straße drei Metzgereien gegeben haben. Solche Familienbetriebe, sorgen auch irgendwie für eine Art emotionale Nahversorgung, von der sich Düsseldorf in seinem tiefsten Inneren immer weiter entfernt. Schon deshalb wünsche ich mir im neuen Andreasquartier lieber einen Bio-Metzger als noch’n Steakhaus.
Weil der Bauch von Düsseldorf knurrt. Er fühlt sich immer leerer an. Man stand ja früher gerne an bei Münstermann nach Delikatessen, Hausmarken-Sekt und einmal im Jahr für die Weihnachtsgans. Selbst Altstadt-Aldi an der Flinger Straße hatte Kiez-Charakter. Dort traf man immer die, die sparen müssen, sparen können oder sparen wollen (darunter nicht selten Wirte umliegender Restaurants).
Was man sonst noch so brauchte, gab’s in der gut sortierten Lebensmittelabteilung vom Kaufhof. Nicht nur ich vermisse die Fisch- und die Käsetheke dort. Die Delikatessa im Carschhaus ist ja zum größten Teil eine Pralinenschachtel für Touristen und keine wirkliche Nahversorgungs-Alternative. Und bis zum neuen Gourmet-Tempel Zurheide an der Berliner Allee ist’s noch lang - und weit. Naheliegender für mich wäre gewesen, wenn der Super-Supermarkt sich für das alte Strauss an der Flinger Straße entschlossen hätte.
Selbst die letzte SOS-Station, die Tanke im Parkhaus am Carlsplatz, hat dicht gemacht. Dafür funktioniert aber glücklicherweise immer noch die Ganz-nah-Versorgung. Neulich am Wochenende klingelte Nachbar Marcello bei mir: „Has’te mal drei Eier?“ Hatte ich. Seine Freundin Jacky wollte Kuchen backen. Am nächsten Morgen standen in einem Körbchen zwei kleine Törtchen vor meiner Tür, darauf ein Danke aus Zuckerguß. Süß!
Beim Verzehr habe ich genüsslich auf meinen Gedanken rumgekaut in Erinnerung an Bertha Hennes auf der Bolker Straße, wo Omma früher Knickeier zum Kuchenbacken kaufte …