Ein Museum im Kleinformat

Lehrer können bald einen Koffer mit Zeichnungen jüdischer Kinder aus Düsseldorf leihen.

Foto: Thomas Ullrich

Auf den ersten Blick ist es einfach ein Koffer — hübsch und stilvoll gestaltet von außen, innen vollgepackt mit Dokumenten, Bildern und Unterlagen. Kompakt und praktisch verstaut. Doch wer ihn auspackt, sich mit seinem Inhalt auseinandersetzt und auf das einlässt, was er da findet, der wird schnell merken, dass es eben doch nicht nur ein Koffer ist, sondern vielmehr ein Stück Zeit- und Kunstgeschichte, Stoff genug für eine ganze Ausstellung. Ein kleines „Museum to go“.

Foto: Thomas Ullrich

Gepackt haben den Koffer Verantwortliche des Stadtmuseums und der Mahn- und Gedenkstätte in einem Gemeinschaftsprojekt. Aus den rund 1900 Kinderzeichnungen aus dem Kunstunterricht des jüdischen Malers Julo Levin, der bis 1938 in Düsseldorf gelebt und gearbeitet hat, suchten sie 17 aus. Diese Bilder sind das Grundgerüst eines umfangreichen pädagogischen Projektes, das Schülern nicht nur die Gräuel des Dritten Reichs auf anschauliche Weise näherbringen soll, sondern auch Stadtgeschichte und unterschiedliche Kunstformen.

Wie das funktionieren soll, erklärt Ina Scheffler, die den Museumskoffer als freiberufliche Kunstdidaktin mitgestaltet hat. „Ausgangspunkt sind immer die 17 Zeichnungen“, erklärt sie. Und allein die sind thematisch sehr vielfältig. Es gibt Düsseldorfer Stadt- und Naturansichten ebenso zu sehen wie Menschen in Berufskleidung, Familienbilder und Zeichnungen, die mit Abschied und Migration zu tun haben. Alle Zeichnungen stammen von Schülern Julo Levins und sind zwischen 1936 und 1938 entstanden. Auf der Rückseite jeder Zeichnung ist nicht nur der Name des Kindes festgehalten, das sie erstellt hat, sondern auch eine Liste von Möglichkeiten, wie Schüler und Lehrer sich weitergehend mit dem jeweiligen Bild befassen können.

Eine Möglichkeit ist etwa die Biografie des Kindes. Zu allen 17 Mädchen und Jungen gibt es eine Biografie mit Foto. „Teils konnten wir dafür auf unseren Informationsstand zurückgreifen“, erklärt die stellvertretende Leiterin der Mahn- und Gedenkstätte Hildegard Jakobs. „Teils mussten wir ganz schön suchen.“ Anhand der Lebensgeschichten lässt sich nachverfolgen, was diese Kinder im Nationalsozialismus und Zweiten Weltkrieg erlebt haben, ob sie diese Zeit überhaupt überlebt haben.

Andere Möglichkeiten sind etwa die Beschäftigung mit der jeweiligen Kunstform — vom Portrait bis hin zur Collage oder allgemein Geschichtliches. „Jeder Lehrer kann zu jedem Bild aussuchen, was er thematisieren möchte“, erklärt Ina Scheffler. So kann er mit Hilfe des Museumskoffers ein ganz individuelles Unterrichtsprojekt zusammenstellen, in dem sich Kunst und Geschichte miteinander verbinden lassen. Dazu enthält der Koffer außerdem Informationen über das Leben und Werk von Julo Levin.

Zwei der Koffer gibt es, ab dem 1. Juni können Lehrer oder Gruppenleiter sie ausleihen, um mit Kindern und Jugendlichen damit zu arbeiten. Darüber hinaus können Schülergruppen schon ab sofort auch im Stadtmuseum oder in der Mahn- und Gedenkstätte mit den Koffern arbeiten und dort vorhandene weitergehende Materialien nutzen. Im Museum gibt es etwa Originale der jüdischen Kinderzeichnungen zu sehen, die mit zu den wichtigsten Exponaten des Hauses gehören, wie Leiterin Susanne Anna betont.

Bis Sonntag, 25. Februar, ist der Inhalt einer der Koffer zudem im Stadtmuseum an der Berger Allee ausgestellt, so dass sich alle Interessierten ein Bild davon machen können. Lehrer, die sich für eine Ausleihe interessieren, können sich am 14. Juni fortbilden lassen. Weitere Informationen gibt es unter 8 99 62 05.