Eine Bühnen-Parade der Karikaturen

Die Steinstraßen-Komödie zeigt mit dem Stück „In anderen Umständen“ eine schrille Überzeichnung.

Eine Bühnen-Parade der Karikaturen
Foto: Komödie an der Steinstraße

Verkehrte Welt im Büro: Ein Mann wird in den Mutterschutz geschickt. Irrtum ausgeschlossen. Der Computer hat das Faktum ausgespuckt, dass der Versicherungsangestellte Rainer Christian ein Kind erwartet — im eigenen Bauch. „In anderen Umständen“ heißt das Lustspiel von Folker Bohnet und Alexander Alexy, das nun in der Komödie an der Steinstraße Premiere hatte.

Eine Bühnen-Parade der Karikaturen
Foto: Komödie an der Steinstraße

Trotz eines leichten Bauchansatzes fühlt sich Rainer gar nicht schwanger und leistet zunächst Widerstand gegen all die Schonungsmaßnahmen, die für ihn ergriffen werden. Doch es scheint zwecklos. Der Glaube seiner Vorgesetzten und Kollegen an die Unfehlbarkeit des Computers siegt über den gesunden Menschenverstand. Sogar ein Wissenschaftler taucht auf, der ein bisschen so spricht wie der einst so gefürchtete Literaturpapst Marcel Reich-Ranicki, und das Phänomen einer Schwangerschaft beim Mann für theoretisch denkbar hält.

Der Rollentausch bietet eine ganze Batterie an Steilvorlagen für Situationskomik und Albernheiten. Das Autoren-Duo lässt auch kaum eine Chance aus, um anzügliche Bemerkungen anzubringen und ein ganzes Gewitter an Klischees hernieder donnern zu lassen. Rainer lässt sich die Akten jetzt tragen, da Hochschwangere ja körperliche Anstrengungen meiden sollen. Die Sekretärin heißt Frau Vogel und dient unter anderem als Objekt für Witze mit Namen. Vieles wird überzeichnet. Doch am Ende ist es nicht die Ironie, sondern der Klamauk selbst, über den gelacht wird. Das Premierenpublikum nimmt jeden Kalauer dankbar auf wie Nektar und Ambrosia.

Die vielen kleinen Rollen werden von drei Darstellern übernommen. Besser gesagt: Schauspieler Stefan Gebelhoff spielt nur den scheinbar schwangeren Rainer Christian, dafür müssen sich Petra Nadolny und Rolf Berg, der auch Regie führt, im fliegenden Wechsel in verschiedenste Figuren verwandeln. Und das geht schon gleich ganz am Anfang los. Petra Nadolny und Rolf Berg haben sich inkognito unters Publikum gemischt. Sie melden sich freiwillig als Laiendarsteller, um die vorgeblich verhinderten Hauptdarsteller zu ersetzen.

Dieser Einstieg eignet sich natürlich zur Demonstration der Vielzahl an Rollen, die das Paar im Verlauf des Stückes übernimmt, wirkt aber trotzdem etwas beliebig. Viele Stücke könnte man so beginnen lassen. Die betonte Unbeholfenheit des Duos und das unwillige Zögern des Mannes am Anfang hat auch in der Realität etwas Bemühtes. Und das Stück kommt entsprechend gemächlich in Gang.

Das Sujet erweist sich zudem als nicht besonders tragfähig, obwohl sich die Autoren des Stücks um alle möglichen Handlungsstränge bemühen — vom Besuch eines Vertreters für Baby-Bekleidung bis hin zur Lifestyle-Reporterin im Domina-Outfit. Rolf Berg, seit Jahren der Komödie eng verbunden, zeigt, was er kann und wie wandlungsfähig er und Petra Nadolny sind. Heraus kommt eine Parade der Karikaturen, die etwas Geschmackssache ist. Es geht offenbar weniger um den feinen Humor als mehr ums Schenkelklopfen ob der schrillen Kostümierungen. Aber es gibt auch immer wieder zündende Pointen, die den Abend aufheitern. Wieder einmal stehende Ovationen nach dem letzten Vorhang.