Eine Impfung gegen Krebs

Von Daniela Kebel

Sie mögen es feucht und warm, deswegen nisten sich Humane Papillomaviren (HPV) besonders gern in Schleimhäuten ein. Und können dort Auslöser für Krebserkrankungen sein, wie beispielsweise dem Gebärmutterhalskrebs, dem wohl bekanntesten Verlauf einer HPV-Infektion. „Wer sich infiziert kann viele Jahre ohne Symptome bleiben“, sagt Dr. Frank Olbrich. Wie lange genau, weiß niemand. „Manche tragen das Virus ein Leben lang in sich, ohne zu erkranken. Bei anderen ist der Verlauf dagegen sehr schnell.“

Dr. Frank Olbrich

Bei den routinemäßigen gynäkologischen Vorsorgeuntersuchungen kann der Arzt anhand eines Abstriches feststellen, ob die Zellen des Gebärmutterhalses möglicherweise entartet sind. „Es gibt verschiedene Vorstufen vor dem Krebs, die Übergänge sind allerdings fließend“, so der Gynäkologe. Je nach Befund wird beobachtet oder behandelt, am Ende kann die Operation mit dem Entfernen der Gebärmutter stehen. Etwa 5000 Frauen erkranken in Deutschland jedes Jahr an Gebärmutterhalskrebs, rund 2000 sterben daran. Dabei kommt es darauf an, um welche Viren des immerhin rund 150 Viren umfassenden HPV-Stammes es sich handelt. Während nicht besonders aggressive Viren lediglich Warzen auf der Haut auslösen, die meist gut behandelbar sind, gelten einige wenige als krebsauslösend.

„Die neun wichtigsten und gefährlichsten Viren sind identifiziert, gegen sie kann geimpft werden“, sagt der Arzt. Eine Impfung gegen Krebs? „In diesem Fall schon. Denn niemand trägt von Geburt an das Virus in sich, sondern es wird übertragen“, erklärt Olbrich. Und zwar durch Geschlechtsverkehr — und, was die Sache besonders brisant macht — es gibt keinen sicheren Schutz. Auch nicht durch Kondome. „Nach neuen Erkenntnissen sind die Viren so klein, dass sie das Kondom durchdringen können. Aber unabhängig davon ist jeder Kontakt mit infizierter Schleimhaut infektiös.“ Die gute Nachricht: Durch Blut werden die Viren nicht übertragen.

Für Mädchen gibt es seit zehn Jahren eine kostenlose Impfmöglichkeit, doch das reicht nach Ansicht vieler Mediziner nicht aus. Auch für Jungen sollte die Impfung empfohlen und kostenfrei sein. „Aufklärung ist wie immer das Wichtigste“, sagt der Arzt und empfiehlt in seiner Praxis den Müttern, auf jeden Fall ihre Töchter impfen zu lassen. Dabei handelt es sich um drei Dosen, die den Schutz vor den gefährlichsten Viren gewährleisten.

Denn wer sich nicht ansteckt, kann das Virus auch nicht übertragen. „Wichtig ist, dass die Mädchen vor dem ersten Geschlechtsverkehr geimpft werden, am besten zwischen neun und zwölf Jahren.“ Bei Mädchen sei die Resonanz durchweg positiv, Jungen davon zu überzeugen, sei deutlich schwieriger. „Da sind die Kinderärzte bei den vorgeschriebenen Jugenduntersuchungen gefragt.“ Denn auf die Vorsorgeuntersuchung beim Urologen, die erst ab 50 Jahren von der Kasse übernommen wird, könne man in diesem Fall nicht warten.

Dr. Frank Olbrich über die Wirkungsdauer

„Das Problem ist, dass die Impfung für Jungen nicht von den Kassen bezahlt wird und mit rund 600 Euro wirklich teuer ist“, weiß der Mediziner. Je größer die sogenannte Herdenimmunität, also je mehr Menschen geimpft sind, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung. „Derzeit geht man von einem Schutz von mindestens 20 Jahren aus.“ In speziellen Laboratorien lässt sich eine Gruppe geimpfter Menschen turnusmäßig zu Studienzwecken testen, ob der Schutz noch anhält oder ein Nachimpfen erforderlich ist. „Es ist auch möglich, dass der Schutz ein Leben lang hält.“

Löst das Virus bei Frauen eine relativ häufige Krebsart aus, ist der Peniskrebs beim Mann ein eher seltenes Krankheitsbild. Deshalb wird bislang die Impfung nicht bezahlt - also ein rein wirtschaftlicher Faktor. Doch auch homosexuelle Männer sind betroffen. Sie können sich beim Oral- und Analsex anstecken, was ebenfalls zu Karzinomen der Schleimhäute führen kann.

Wer wissen will, ob er bereits Papillomaviren in sich trägt, ohne Symptome zu haben, kann sich testen lassen. Der Test wird von Gynäkologen durchgeführt und kostet etwa 30 Euro, für Männer ist der Urologe der richtige Ansprechpartner. „Alle Frauen, insbesondere die, die bereits positiv getestet sind, sollten regelmäßig zur Krebsvorsorge gehen, um so früh wie möglich verändertes Gewebe zu erkennen.“

Auch positive Befunde bei Männern sollten Kontrollen nach sich ziehen. Ein Abstrich zeigt zudem, ob es sich um die Hochrisiko-Viren handelt oder weniger aggressive.