Eine Woche gegen Cybermobbing

Die Polizei klärt Neuntklässler über Methoden und Gefahren auf. Schüler wissen meist nicht, dass sie sich strafbar machen können.

Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Auf einmal kannte es jeder, in den Pausen wurde getuschelt, gelacht und munter weiterverschickt: Kara (15) und Milena (14) erinnern sich noch ganz genau an den Wirbel, der um ein Foto ihrer Mitschülerin gemacht wurde. Ursprünglich im Vertrauen für ihren Freund gedacht, zeigte sie sich auf diesem leicht bekleidet und in eindeutiger Pose — und wurde plötzlich damit zum Gespött des Schulhofs. „Das war schon heftig, auch wir bekamen das Bild mit unschönen Kommentaren über eine WhatsApp-Gruppe zugesandt. In der Situation des Mädchens möchte man da ganz sicher nicht stecken“, erzählen die Neuntklässlerinnen des Freien Christlichen Gymnasiums.

Obwohl geschockt und zunächst voller Mitleid, nahmen schnell Lästereien bei vielen überhand, die sogar so weit gingen, dass die Betroffene persönlich beleidigt und angefeindet wurde. Die Schülerin zog sich zurück, zum Glück habe sie ihre Freunde noch auf ihrer Seite gehabt. „Blöde Verlinkungen bei Facebook oder Nachrichten per WhatsApp gab es nämlich haufenweise “, erinnert sich Milena.

Die Geschichte ist keine Ausnahme, viele Schüler — auch an der Schule in Reisholz — haben schon solche oder ähnliche Geschichten erlebt. Erfahrungen mit Cybermobbing, Beleidigungen und Drohungen auf digitaler Ebene gehören durch den Gebrauch sozialer Netzwerke, Messenger und Smartphones immer häufiger zum Alltag dazu — sei es als Täter, Opfer oder stille Mitleser. Doch wie reagiert man richtig und welche juristischen Konsequenzen kann Cybermobbing vielleicht haben? Über solche Fragen haben die Schüler nun mit Kriminalkommissar Jörg Blankenstein gesprochen, der mehrere Klassen der Schule besucht hat. In der Schwerpunktwoche gab es auch einen Infoabend für Eltern.

„Heute kann jeder überall Fotos machen und sie schnell hochladen oder mit Freunden teilen, peinliche und unangenehme Momente werden so nicht selten auch mit Personen geteilt, die gar nicht vor Ort sind“, sagt auch Mitschüler Robin (15). Der Gefahr, durch ihren eigenen Internetauftritt ungewollt zum Mittelpunkt einer Mobbingattacke zu werden, sind sich die Neuntklässler bewusst - auf Instagram, Facebook und Co verzichten möchten sie trotzdem nicht.

Bei richtiger Nutzung sei dies auch nicht nötig, sagt Jörg Blankenstein. Er möchte den Jugendlichen vor Augen führen, dass Cybermobbing oder das Verbreiten heimlich gemachter Aufnahmen nicht nur moralische Konsequenzen nach sich zieht: „Natürlich ist das Smartphone meist griffbereit, wenn eine außergewöhnliche Situation auftritt. Die Frage ist jedoch, ob ich es riskieren möchte, strafrechtlich belangt zu werden.“

Interessiert hören die Schüler der 9d zu, als er die Punkte aufführt, die oft mit digitalen Lästereien und Bloßstellungen in Verbindung gebracht werden: Datenmissbrauch, das Verletzen des Rechts am eigenen Bild, Drohungen. „Auch wenn Mobbing noch in keinem Paragrafen auftaucht, werden die einzelnen Tatbestände zusammenaddiert — im schlimmsten Fall wartet dann Jugendarrest.“ Kara und Milena wissen, dass es auch bei digitalem Mobbing nur eine Lösung gibt: „Nicht nur mitlesen, sondern eingreifen, den Täter konfrontieren. Wenn einer Zivilcourage zeigt, ziehen die meisten mit und setzen der Ungerechtigkeit ein Ende.“