Düsseldorf Einen Tag lang bargeldlos in der Stadt einkaufen
Ein Selbstversuch: Wer „nur“ eine EC-Karte bei sich hat, bekommt Probleme, sich mit dem Nötigsten zu versorgen.
Düsseldorf. „Nein, das geht hier nicht.“ Die Bäckerin guckt verdutzt, als ihr das Stück Plastik entgegengestreckt wird. Das Brötchen scheint an diesem Morgen unerreichbar zu sein. Schon in zwei Bäckereien war die Reaktion der Verkäuferinnen auf die EC-Karte ähnlich, die Antwort identisch. Doch mit Bargeld zu zahlen, ist heute keine Option. Heute gilt es, sich bargeldlos durchzuschlagen — nur mit EC- und Kreditkarte.
Ohne Frühstück geht es in die Bahn. Wer kein Monatsticket hat, steht jetzt vor dem nächsten Problem. Einen Fahrscheinautomaten an der Haltestelle „An der Piwipp“ gibt es nicht, und in der Bahn nimmt der Ticketautomat keine EC-Karte an. Die einzige Option: Aussteigen und eine Haltestelle mit Ticketautomaten finden. Doch die Suche ist gar nicht mehr so einfach. Viele der Haltestellen-Automaten sind zugunsten der mobilen Geräte in den Bahnen gewichen.
Und während die Haltestellen-Automaten alle die EC-Kartenanzahlung anboten, sind die in der Bahn nicht so gut gerüstet. „Da muss man schon ganz schön Glück haben, um einen von diesen neuen, schwarzen Automaten zu finden, an denen man mit EC-Karte zahlen kann“, sagt eine Bahnfahrerin. Sie selbst sei nur selten mit der Bahn unterwegs, zahle ihr Ticket dann aber immer bar. „Im Alltag ärgere ich mich ständig, wenn ich mal wieder kein Bargeld in der Tasche habe. Denn man braucht es doch so oft. Fürs Bahnticket, fürs Parkticket oder für die Zeitung“, sagt eine 27-jährige Frau. Ihre Mutter hingegen bezahlt alles bar: „Das ist einfach sicherer. Da sehe ich, was ich ausgebe.“
In der Stadt angekommen, wird der nächste Versuch gestartet, eine Tageszeitung zu kaufen — am Pavillon von Jing Li an der Jakobistraße. „Nur Barzahlung möglich“, sagt der Verkäufer, während er einem Stammkunden ohne einen Wortwechsel drei Zeitungen entgegenstreckt und dafür einen Stapel Kleingeld gereicht bekommt. „Hier sind überall Banken. Da können Sie Geld holen“, sagt er. Das sage er auch den Holländern, die meist mit Karte bei ihm zahlen wollten.
Der Kaffeedurst meldet sich. Angesteuert wird das Woyton am Jan-Wellem-Platz. Aber auf die Frage, ob der „Flat white zum Mitnehmen“ auch mit Karte bezahlt werden kann, entgegnet der bärtige Barista: „Sorry, bei uns geht’s nur bar.“ Bei Starbucks hingegen gibt es keine Probleme. Die meisten Kunden stecken ihre Karte in das Lesegerät. „Ich habe nie Bargeld in der Tasche“, sagt auch Misha Birkigt (25). Als Visagistin ist sie viel auf Reisen und ist es gewöhnt, nur mit Karte unterwegs zu sein. „Ich gehe gezielt nur dahin, wo ich bargeldlos zahlen kann“, sagt sie und nippt an ihrem Latte.
Mit dem Milchkaffee in der Hand geht es zum Drogeriemarkt, um einige Hygieneartikel fürs Wochenende zu kaufen. An der Kasse ist es kein Problem, den Betrag von knapp sechs Euro mit der Karte zu zahlen. Im Gegenteil: Da will man gleich noch mehr Plastik — die Payback-Karte nämlich.
Nebenan in der Apotheke am Jan-Wellem-Platz können die Halstabletten für knapp fünf Euro ebenfalls per Karte bezahlt werden. „Im Weihnachtsgeschäft war es schon etwas nervig, wenn alle Kunden Minibeträge mit Karte bezahlt haben. Da sind dann die Geräte irgendwann überlastet und es entstehen lange Warteschlangen“, sagt die Apothekerin. Ideal sei die Kartenzahlung für die kleinen Läden sowieso nicht, sagt sie. „Besonders bei der Kreditkartenzahlung müssen wir hohe Gebühren zahlen.“
Am Mittag wird der Carlsplatz angesteuert, um einen Salat bei „Hin und Weg“ zu essen. Aber ohne Bargeld wird’s nichts. „Auf dem Markt gehen die wenigsten davon aus, dass sie mit Karte weiterkommen“, sagt die junge Frau hinter der Theke. Carlsplatz-Chef Heiner Röckrath sieht das anders. Die Kunden seien es gewohnt, auch auf dem Markt mit Karte zahlen zu können. „Etwa die Hälfte der Buden bieten die Kartenzahlung an“, sagt er. Viele Händler hätten jedoch einen Mindestbetrag von etwa zehn Euro.
Allerspätestens beim Versuch, abends noch schnell an einer Tankstelle das Auto zu saugen, kommt es zur Einsicht, besser immer einen „Notgroschen“ bei sich zu haben.
wz.de/duesseldorf