Einzelhandel Zwei Urgesteine – so geht gute Nachbarschaft in Düsseldorf
Düsseldorf · Seit mehr als 20 Jahren bestehen das Geschäft Eisen-Weber und die Pizzeria Maurizio nebeneinander an der Collenbachstraße. Ein Besuch.
„Nee, die sind noch nicht so lange hier“, sagt Egon Weber über seine Nachbarn in der Pizzeria nebenan. Nicht so lange wie er mit seinem Eisenwarengeschäft zumindest. Das gibt es auf der Collenbachstraße nämlich schon seit 70 Jahren – seit 65 Jahren ist es im gleichen Gebäude wie heute. Dabei haben Egon Weber und seine Frau Ursula viele Geschäfte kommen und gehen sehen. Und zu den direkten Nachbarn gehe man schon auch mal rüber – zum Essen. Auch wenn Egon Weber eigentlich keine Pizza mag.
Dass die Pizzeria Maurizio direkt neben dem Eisenwarenladen noch nicht so lange hier ist, das ist nicht so ganz richtig. Eine Pizzeria gibt es hier seit 40 Jahren, der aktuelle Familienbetrieb ist immerhin schon seit 20 Jahren da. Ein altes Bild direkt neben der Eingangstür zeigt die beiden Geschäfte – früher und heute. Der Inhaber, den hier alle nur Isso nennen, schätzt die Nachbarschaft. Auch wenn die beiden Läden unterschiedlicher nicht sein könnten.
Bei Eisen-Weber gibt es alles, was man mal suchen könnte
In der Nummer 5 ist es nach Schließen der Türe erst einmal ruhig. Nur wenige Kunden kommen gleichzeitig in den Eisenwarenladen. Drinnen weiß man gar nicht, wohin man zuerst schauen soll. Regale gefüllt mit den verschiedensten Sachen. Die Wände bis oben hin mit alten Holzschubläden bestückt – vorn auf den Blenden ist das angebracht, was wohl darin zu finden ist. Schere, Türklinke, Flaschenöffner – Eierschneider, Kartoffelschäler, Stoffrädchen. Früher, da habe es noch 26 solcher Läden in Düsseldorf gegeben. Heute sind es drei, sagt Egon Weber, der hier arbeitet, seit er 14 Jahre alt ist und vermutlich jede Schublade, jeden Regalmeter und jedes Staubkorn in- und auswendig kennt. Die großen Baumärkte hätten sie verdrängt – Eisen-Weber hat das aber überstanden. Denn hier findet man eben alles, was man so suchen könnte.
In der Hausnummer 3 befindet sich die helle Pizzeria. Ein großer Ofen hinterm Tresen ist direkt beim Hereinkommen schon das Herzstück. Reger Betrieb herrscht im Mittagsgeschäft, der Inhaber heißt einen gleich herzlich willkommen, man kommt schnell ins Gespräch. Im hinteren Bereich geht es modern weiter – Bistro-Tische, schlichte Einrichtung. Eine große Glasscheibe erlaubt einen Blick in die Küche.
Zurück zu Weber. „Wir haben alles, was man so braucht“, sagt Egon Weber. Außer vielleicht Klopapier. Klassische Eisenwaren – auch einzelne Schrauben. Haushaltsgeräte und Zubehör. Aber auch allerhand Raritäten und Krimskrams. Zierteller mit der Aufschrift „Wiesbaden“ zum Beispiel. „Das bringen die Leute zum Teil mit und fragen, ob ich das noch irgendwie verkaufen kann“, sagt Weber. Sein Herz hängt an den alten Dingen – auch wenn er das selbst wahrscheinlich nicht so formulieren würde. Aber wenn dann mal jemand mit einem alten Schloss kommt, dann werkelt er so lange herum, bis es repariert ist. „Das macht er mit so viel Liebe. Wer macht das denn heute noch?“, sagt Webers Frau Ursula.
Das bewundert auch Nachbar Isso. „Das sind einfach klasse Leute“, sagt er über die Webers. Da wo er herkommt, so sagt er, gibt es ein Sprichwort: „Wer ein Haus kauft, kauft auch die Nachbarschaft“ – oder so ähnlich. Und er hat hier ein Haus gefunden, bei dem das auch passt. Eine echte Glückssache ist das für ihn. „Wenn ich Betriebsferien mache, lasse ich den Schlüssel bei den Nachbarn. Und die kümmern sich auch um die Blumen“, sagt Inhaber Isso. Wenn es mehr Leute gäbe wie die Webers, so sagt er überschwänglich, wäre die Welt wohl ein besserer Ort. Er hofft, dass es Eisen-Weber noch lange gibt.
Egon Weber ist fast 80 – ans Aufhören hat er schon gedacht
Ob das so sein wird, das weiß Egon Weber noch nicht. Eigentlich hat er schon langsam die Nase voll, überlegt, aufzuhören. „Ich bin fast 80 Jahre alt. Wer arbeitet denn in dem Alter noch?“. Aber aufhören, das wollte er vor acht Jahren schon mal. Seine Kinder hätten schon überlegt, ob sie den Laden weiter nutzen könnten – vielleicht auch mit einem anderen Zweck. Aber so einfach ist das nicht? „Ach, ich könnte hier schon einfach zumachen“, sagt Egon Weber und blickt über die Regale. Aber der ganze Krempel müsse ja erstmal raus.
Und so macht er wohl erstmal noch weiter. Und schaut nach Feierabend auch mal bei Isso vorbei. Der zaubere ihm dann was Leckeres. Weil er ja keine Pizza mag.