NRW Eltern fordern mehr Erzieher

Düsseldorf · In den städtischen Kitas sind zehn Prozent der Stellen nicht besetzt. Mehr Auszubildende und Fachkräfte aus dem Ausland sollen die Lücken schließen. Aktuell rekrutiert die Diakonie Bewerber mit Deutschkenntnissen in Spanien.

Carolin Zimmermann (2. v. l.) hat Glück: Ihre Eltern Klaus (78) und Ursula Kanja (68) betreuen regelmäßig Enkel Mats (5).

Foto: Georg Salzburg (salz)

Personelle Engpässe in Kindertagesstätten erhöhen in Zeiten der Pandemie den Druck auf die Eltern kleiner Kinder. „Wir hätten im letzten halben Jahr die Betreuung ohne die Großeltern nicht organisieren können“, sagt Carolin Zimmermann. Ihr Sohn Mats besucht eine städtische Kita im Stadtnorden. Immer wieder wurden dort Gruppen ganz geschlossen oder Betreuungszeiten massiv verkürzt. „Krankheiten oder Quarantänen sind das eine – aber es fehlen einfach auch Fachkräfte“, sagt die 37-Jährige. Der Einrichtung macht sie keine Vorwürfe. „Das Team versucht immer, das Beste aus der Situation zu machen.“

Unter besonderen Druck gerieten die Vertriebsassistentin und ihr Mann, der in der Werbung arbeitet, wenn die Gruppe des Sohnes komplett geschlossen wurde. „Wegen Corona dürfen Kinder selbst im Notfall nicht auf eine Parallelgruppe ausweichen“, sagt die Mutter. Gemeinsam mit anderen Eltern hat sie die Engpässe zwischen September und dem vergangenen März farblich markiert und in einer Tabelle festgehalten. Rot steht für Schließungen oder eine stark reduzierte Notbetreuung, orange für deutlich verkürzte Zeiten. In einem solchen Fall schließen die Gruppen dann beispielsweise um 13 Uhr. Das Ergebnis: Rund die Hälfte der Tabellenspalten ist rot oder orange markiert. 

Tatsächlich sucht die Stadt – wie andere Träger auch – für ihre 103 Kitas händeringend Fachkräfte, die sich um die Jüngsten kümmern. „129 von 1288 Vollzeit-Stellen sind nicht besetzt“, sagt Jugendamtsleiter Johannes Horn. Für 55 Stellen lägen Besetzungsvorschläge vor. „Zwölf Erzieher und 62 Kinderpfleger werden noch gesucht“, sagt Horn. Um die Lücken zumindest mittelfristig zu schließen, setzt die Stadt neben Werbekampagnen auf die Ausbildung. So werden im August 76 Berufsneulinge bei der Stadt beginnen. Mit 337 Auszubildenden und Praktikanten gibt es dann in fast jeder Düsseldorfer Kita – unabhängig vom Träger – einen Ausbildungsplatz. Dass Gruppen an neuen oder erweiterten Standorten nicht starten können, weil Personal fehlt, soll bald der Vergangenheit angehören. „Bei der unverändert hohen Nachfrage wollen wir vorhandene Plätze nicht ungenutzt lassen“, sagt Horn.

Um die Vakanzen klein zu halten, geht auch die Diakonie neue Wege. Knapp 40 der 700 Stellen in den Kitas sind nicht besetzt. „Wir rekrutieren gerade Fachkräfte mit guten Deutschkenntnissen in Spanien, die ersten werden im August beginnen“, sagt Bereichsleiterin Stefanie Walther. Überdies startet der Wohlfahrtsverband, der mehr als 40 Einrichtungen betreibt, seine bislang größte Ausbildungsoffensive. „Wir werden 40 Bewerber einstellen, das sind doppelt so viele wie im aktuellen Entlass-Jahrgang“, sagt Walther.

Dass die Corona-Pandemie die Nöte der Eltern noch einmal verschärft hat, weiß Michael Knauel. „Die Betreuungszeit wurde ja landesweit um zehn Stunden verkürzt, weil für konsequent getrennte Gruppen mehr Personal benötigt wird.“ Kämen dann noch Schwangerschaften mit sofortiger Freistellung, langfristige Erkrankungen und Quarantänen hinzu, führe das an bestimmten Standorten immer wieder zu großen Einschnitten. Das bestätigt Nuran Breuer, bei der Arbeiterwohlfahrt Geschäftsführerin für den Kita- und Familienbereich. Normalerweise seien in einer Gruppe mit 20 Kindern im Alter zwischen zwei und sechs Jahren drei Fachkräfte vorgesehen. Falle eine Person beispielsweise wegen einer Impfung aus, könne die Arbeit weitergehen. „Fällt aber noch jemand aus, kann coronabedingt keiner aus einer anderen Gruppe aushelfen. Dann kann es vorkommen, dass wir die Eltern um Mithilfe bitten“, sagt Breuer.

„Wir helfen ja gern, aber die Geduld eines Arbeitgebers ist eben auch endlich“, sagt Carolin Zimmermann. Wichtig sei deshalb, den Erzieherberuf so attraktiv zu machen, dass junge Menschen sich gerne dafür entscheiden. Das sieht Knauel ähnlich. „In einer teuren Metropole wie Düsseldorf dürfen besondere Zulagen oder Mietzuschüsse kein Tabu sein“, sagt der zweifache Vater. Zunächst einmal sollen 53 Springerkräfte des Jugendamtes die Engpässe erträglicher machen. „Zudem wurden 35 Stellen zur Absicherung von auftretenden Stellenvakanzen geschaffen. Dafür müssen aber noch Fachkräfte gefunden werden“, sagt Horn.

(jj)