So war es beim Weltrekord-Spiel in der Arena Wie die Handball-Ekstase in Düsseldorf alle packt

DÜSSELDORF · 53 586 Zuschauer waren beim Weltrekord-Spiel in der Düsseldorfer Arena dabei. Die deutschen Handballer begeisterten zum EM-Start alle.

Weltrekord: Schon vor dem Anpfiff des Deutschland-Spiels wurde die neue Rekordmarke bekannt gegeben.

Weltrekord: Schon vor dem Anpfiff des Deutschland-Spiels wurde die neue Rekordmarke bekannt gegeben.

Foto: dpa/Tom Weller

53 586 Zuschauer sind die Weltrekordzahl. Die deutsche Handball-Nationalmannschaft hatte in Düsseldorf die Arena mit einem 27:14-Kantersieg gegen die Schweiz zum Auftakt der Handball-Europameisterschaft in ein Tollhaus verwandelt. Was immer sich der Deutsche Handball Bund mit diesem imposanten Stadion-Auftakt gewünscht hatte, es muss in Erfüllung gegangen sein. Allemal ist es das für die künftige Werbewirkung des Handballs. Auch als Motivationsauftakt für das Turnier. Und auch Düsseldorf als Standort wurde gefeiert. Auf Anfrage unserer Zeitung sprach DHB-Geschäftsführer Mark Schober von Event-Kosten von 2,5 Millionen Euro, zusätzlich habe Düsseldorf als Ausrichter in das sogenannte „City Dressing“ mit Fahnen und mehr und eine Fan-Party mit rund 4000 Anhängern investiert. Was am Ende übrig bleibt, ist naturgemäß noch nicht genau zu beziffern. „Aber dieses überragende Event ist rentabel gewesen“, sagte DHB-Sprecher Tim Oliver Kalle am Donnerstag. Und fügte gegenüber dieser Zeitung an: Noch rentabler wäre es, wenn der imposante Aufbau auch noch für einen zweiten EM-Spieltag gereicht hätte. Aber dann, so Kalle, wäre ja auch die Einzigartigkeit verloren gegangen. Am 3. März steigt in der NRW-Landeshauptstadt derweil schon das nächste Handball-Länderspiel: dann spielen die DHB-Frauen in der EM-Qualifikation gegen die Slowakei in der Mitsubishi-Electric-Halle in Oberbilk

Die Begeisterung
war schnell gewaltig

Bereits rund zwei Stunden vor dem ersten Spiel zwischen Rekordweltmeister Frankreich und Nordmazedonien strömten die Zuschauermassen. Auf dem Parkplatz war Vorfreude zu spüren. Deutschland-Fahnen und Trikots, wohin das Auge reicht. „Durch den Bahn-Streik mussten wir uns extra einen Tag Urlaub nehmen, aber das war es uns wert. Wir haben die Karten schon so lange und wollten unbedingt dabei sein“, sagten etwa Clara und Leon Meissner.

In der Arena angekommen, waren die Fans elektrisiert von der Atmosphäre. Kein Halten mehr gab es, als die deutsche Nationalmannschaft etwas mehr als eine Stunde vor Anpfiff das Feld zum Aufwärmen betrat. Ohrenbetäubende Jubelarien empfingen das Team von Alfred Gíslason. „Das ist einfach nur der Wahnsinn, wir sind extra aus Flensburg nach Düsseldorf gefahren, um dieses einmalige Event live zu verfolgen“, sagte Deutschland-Fan Melina Richter dieser Zeitung. Sie ist nicht die einzige, die an diesem Tag eine weite Anreise auf sich genommen hat. Nahezu jedes Trikot der Handball-Bundesliga lässt sich binnen Sekunden in der Düsseldorfer Arena entdecken.

Nach einer imposanten und farbenfrohen Eröffnungsshow mit der Band Culcha Candela eröffnete Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Kurz kam Heiterkeit auf, als das Staatsoberhaupt, das seine Rede auf Englisch hielt, sich bei der Jahreszahl verhaspelte und von der EHF-Euro 2022 sprach.

Danach das Spiel, das alle von den Sitzen riss, aber von vielen auch aus einiger Entfernung betrachtet wurde. Tenor: Selbst von oben sah man gut, mehr Probleme hatten einige Zuschauer direkt am Spielfeldrand auf Tribünen, die wenig Höhenunterschiede zuließen. „Viel besser hätte es nicht laufen können. Tolle Stimmung, ein tolles Team und dann dieses Publikum, was will man mehr“, sagt der 18 Jahre alte Yannick Christensen, der mit seinen Eltern aus Mannheim in die Merkur-Spiel-Arena gekommen ist. „Wir werden auch noch in Mannheim dabei sein.“

Genauso hatten die Verantwortlichen des Deutschen Handballbundes sich das wohl vorgestellt, vom Bundestrainer, der nachher bekannte, wie glücklich er war, bis hin zu DHB-Präsident Andreas Michelmann. Der hatte sich bei der Eröffnungs-Pressekonferenz noch etwas grantig gegeben, als die Frage gestellt wurde, wie man es mit dem Ziel einer „ökologischen Meisterschaft“, mit der man geworben hatte, vereinbaren könne, dass hier ein großer energetischer Aufwand betrieben werde, um ein Fußballstadion in eine Handball-Halle zu verwandeln. „Ein weiteres Ziel war es, die Europameisterschaft auch wirtschaftlich zu einem Erfolg zu führen und Rückenwind für die Entwicklung des Handballs zu liefern“, so Michelmann. Da müsse man eben auch mal Kompromisse machen.

Wie Öl dürfte ihm zuvor das Lob von EHF-Präsident Michael Wiederer runtergegangen sein, der sich beim DHB für die Organisation der EM bedankte. Der Österreicher begann seine Begrüßung damit, dass er seine Eintrittskarte für das Weltrekordspiel in Düsseldorf ja schon vor sechs Jahren erhalten habe. Damals hatte der DHB bei der Tagung der EHF in Glasgow, auf der über die Austragungsländer für 2024 entschieden wurde, auf jeden Delegierten-Sitz eine symbolische Eintrittskarte für das Eröffnungsspiel in Düsseldorf gelegt. „Wiederer, das war ein Gag, aber sie haben Wort gehalten.“

Das Catering in der Arena ließ viele verärgert zurück

Was nicht so gut lief in der Düsseldorfer Arena war nach Aussagen vieler Besucher das Catering, das dem wohlgemerkt kalkulierten Besucheransturm zu keiner Zeit gerecht werden konnte, wie es von verschiedener Seite hieß. Jedenfalls seien im Oberrang schon zur Zeit des Frankreich-Spiels zum Auftakt des Abends keine Würstchen und andere Speisen mehr zu bekommen gewesen – und später wurden die auch nicht mehr nachgeliefert. „Das hat viele auch um uns herum wirklich geärgert“, sagte ein Fan, „denn sowas versteht man ja auch nicht.“ Veranstalter D.Live konnte dazu gegenüber unserer Redaktion gestern noch nicht  Stellung nehmen.