Fantastischer Bilderbogen für Aug’ und Ohr

Die Kinderoper „Wo die wilden Kerle wohnen“ feierte im Opernhaus seine Premiere. Der Applaus fiel kurz aus.

Foto: Hans Jörg Michel

Ein eleganter Salon der Jahrhundertwende wird sichtbar, wenn sich im Opernhaus der Vorhang öffnet. Eine leicht geschwungene, von Wandleuchten illuminierte Treppe führt hinaus zum Kinderzimmer von Max, dem jungen Sohn des Hauses. Das hellblaue Zimmer befindet sich direkt über dem feinen Esszimmer der Eltern, die gerade Gäste am Tisch sitzen haben. Die Welt des Theaters ermöglicht freilich den gleichzeitigen Blick in die übereinander liegenden Räume.

„Wo die wilden Kerle wohnen“ heißt der Einakter für Kinder von Oliver Knussen, der jetzt im Düsseldorfer Haus der Rheinoper Premiere hatte. Mit Witz und Fantasie haben Philipp Westerbarkei (Regie) und Tatjana Ivschina (Bühne und Kostüme) die kuriose Geschichte in Szene gesetzt. Das Altstadtherbst-Orchester spielte unter der musikalischen Leitung von Jesse Wong auf.

Max (sehr lebhaft gespielt und gesungen von der Sopranistin Heidi Elisabeth Meier) hält es nicht in seinem Bett. Er tobt wie toll und will lieber ein wildes Tier sein als der brave Junge, den sich die Eltern wünschen. Von seinem Hopsen auf Bett und Schränken beginnt unten im Salon bereits der Kronleuchter zu schaukeln. Der tadelnden Mutter zollt Max keinen Respekt. Zur Strafe muss er ohne Essen ins Bett. Hier setzt der fantastische Teil der Handlung ein: Der Stoffaffe wird lebendig, Max wächst ein Wolfsschwanz aus dem Hinterteil. Und das Verblüffendste: Die unten bei Tisch sitzende Abendgesellschaft verwandelt sich in eine bizarre kleine Tierherde. Verkehrte Welt. Max, der die Suppenschüssel wie eine Krone auf dem Kopf trägt und die Suppenkelle wie ein Zepter schwingt, will dem tierischen Chaos Einhalt gebieten.

Die Musik passt mit ihren orchestralen Naturlauten zur Handlung. Komponist Oliver Knussen hat aber keine ganz einfache Partitur geschaffen. Er spart nicht an Dissonanzen, die mitunter recht scharf ausfallen. „Wo die wilden Kerle wohnen“ erweist sich als musikalisch durchaus anspruchsvoll, auch für die Sänger, die teilweise Schwierigkeiten haben, stimmlich durchs große Orchester zu dringen. Leider ist dadurch der Text sehr schwer verständlich. Immerhin läuft der über der oberen Bühnenbegrenzung mit. Insofern ist das Stück am besten für Kinder geeignet, die schon flüssig lesen können. Andererseits bietet die Produktion allein visuell so viel, dass es auf textliche Einzelheiten (Libretto: Maurice Sendak) gar nicht mal so sehr ankommt.

Am stärksten ist die rund 45-minütige Oper am Schluss. Hier versucht Max die tierische Gesellschaft zurück zu verwandeln und sehnt sich plötzlich zurück nach der Ordnung, die er einst so verachtete. Dort gewinnt die Musik an Lyrik und Schönheit. Klanglich reizvolle Momente tauchen in der Partitur nicht so oft auf, trotz gelungener Illustrationen und jazziger Passagen wirkt die Musik oft spröde. Bei den Kindern kam das Ganze aber offenbar gut an. Das junge Publikum wirkte interessiert, woran sicherlich die kreative Visualisierung ihren Anteil hat. Kräftiger, aber eher kurzer Beifall.