Gastro-Tipps Fleischlos glücklich in Düsseldorf

Vor ein paar Jahren noch kurios, heute cool: Immer mehr Restaurants in Düsseldorf bieten vegan-vegetarische Küche an. Ein Überblick:

Düsseldorf. Die Welt ist ein verrückter Ort. Wurden noch vor wenigen Jahren Menschen, die auf den Konsum tierischer Produkte verzichteten, in Restaurants, Supermärkten oder im Freundeskreis verständnislos bis vorwurfsvoll angeschaut, so bieten heute selbst Fleischfabrikanten vegetarische Wurst an. Spätestens seit Hollywoodstars es schick finden, ihren Verzicht auf Tierisches (Inhalt und Hülle!) kund zu tun, hat auch die hiesige vegane Szene von einem gewissen Glamour-Effekt profitiert.

Foto: Judith Michaelis

Atilla Hiltmann, Rezept-Pionier mit Sixpack-Bauch, und Patrik Baboumian, stärkster Mann Deutschlands mit mindestens so viel Charme wie Muckis, sind die Gesichter der deutschen Gemüse-Bohème. Beide Hochschulabsolventen, beide talentierte Selbstvermarkter. Hiltmann hat als Porsche-Fahrer und Reformhaus-Posterboy zwar einiges an Street-Credibility eingebüßt, doch seine Koch- und Fitness-Bücher verkaufen sich wie geschnitten Tofu.

Die Umsätze haben längst die Sphären eines Jamie Oliver erreicht und nebenbei das Leben tausender Tiere verlängert. Auch in Düsseldorf ist es mittlerweile schick, sich vegan zu ernähren. Vorbei die Zeit der flauen Witze, in denen tierisch leckere Fleischtomaten oder Blutorangen offeriert wurden. Du bist, was Du isst. Ernährung ist die neue Selbstbestimmungs-Werteinheit. Entsprechend ehrfürchtig wird die Sache angegangen. Alles veggie — oder was?

Dass die Lebensmittelindustrie das Potenzial der veganen Nische längst entdeckt hat, zeigen uns nicht nur die neuen fleischfreien Ersatzprodukte (kurz Vleisch) oder die Discounter-Regale voller Bio-Soja-Drinks und Gemüsebuletten. Auch bei Lieferdiensten und Fast-Food-Ketten gehören vegane Angebote seit geraumer Zeit zum Sortiment.

Der Einzelhandel hat schon lange auf den tierfreien Boom reagiert. Doch nicht mal eine Million Deutsche leben konsequent tierproduktfrei. Eine winzige Minderheit. Für das riesige Potenzial sorgen die vielen jungen Menschen, denen Fair Trade, Nachhaltigkeit und gesunde Ernährung natürliche Anliegen sind. Um Tierliebe geht es dabei längst nicht mehr primär. „Die wenigsten unserer Kunden sind Veganer. Viele wollen nicht nur Produkte, die frei von tierischen Inhaltsstoffen sind, sondern auch fair und ökologisch nachhaltig gehandelte Ware. Bio geht vielen nicht mehr weit genug“, erklärt Jan Bredack, Gründer der vegangen Supermarktkette Veganz.

In diese grüne Welt passen auch die ganzen Smoothie-Bars, die derzeit wie Pilze aus dem Boden schießen. In drei neuen Düsseldorfer Saftläden gibt es neben Vitamin- auch Stimmungsbomben.

Greeny in a bottle: Ein klassisches Beispiel dafür, dass diejenigen, die überzeugt von ihrem Tun und ihrer Ware sind, von innen strahlen, ist Lidija Karschuck. Sie hat vor drei Monaten mit Thomas Hüttemann die Energietankstelle Greeny in a Bottle eröffnet. Die Düsseldorferin hat nicht nur die Ruhe weg, sondern erweist sich als lebendes Antidepressivum.

Mr. & Mrs Smooth: Frisch gemixte Vitamine und eine freundliche Bedienung erhält man auch im neuen Saftladen Mr. & Mrs Smooth an der Ackerstraße und im Superfood-Store Greentrees, der jetzt an der Münsterstraße eröffnete.

Alternativ: Butze

Im Kneipenrestaurant-Kollektiv kommt vegane Hausmannskost auf den Tisch. Aber auch Kleinkunst, Kulturveranstaltungen, Sport-TV und Pilsener Urquell vom Fass wird geboten. Top: Veggie-Gyrosteller, hausgemachte Vrikadelle, Hot Dogs, Tatort-Rudelgucken. Derendorf, Weißenburgstraße 18

Schick: Amano Verde

Die Hotelküche vom Radison Blu im Medienhafen wurde vor zwei Jahren veganisiert. Seither ist sie Düsseldorfs erste Adresse für fleischlose Festmahle im gehobenen Ambiente. Der kreative Chefkoch Dennis Riesen zaubert leckere und sättigende Menüs locker aus dem Ärmel.

Etwa getrüffelte Selleriecremesuppe mit Petersilie und Kartoffelstroh, Rote-Bete-Walnussrolle auf Rosinenspitzkohl und Kartoffelstampf parfümiert mit ABB Senf, Creme Bruleé von Düsseldorfer Kirschen mit Schokoladen-Holundereis. Top: Elegant-effizienter Service. Hafen, Hammer Straße 23

Ristorante L’arte in Cucina

Der neue Italiener gegenüber der Gerresheimer Basilika hat sich mit seiner veganen Zusatzkarte (zum Beispiel Artischocken-Carpaccio, mit Mandelmilch-Ricotta gefüllte Tortellini, Auberginen-Schnitzel mit Walnuss-Tomaten-Sugo, vegane Schokotörtchen) viele Freunde gemacht.

Einmal im Monat serviert er auch ein experimentierfreudiges 4-Gänge-Menü für Pflanzenfresser. Top: Vegane Weine im Angebot. Gerresheim, Gerricusplatz 6

Retro: Carrot/Cake

Das liebevoll eingerichtete rein pflanzliche Café verströmt heimeligen Biedermeier-Charme. Es gibt Frühstück, herzhafte Snacks, spektakuläre Kuchen und Cup-Cakes. Fairtrade-Kaffee-Variationen werden mit Soja-, Hafer- oder Mandelmilch veredelt. Top: Beerentorte, Möhrenkuchen, Blaubeermuffins, glutenfreie Brownies. Pempelfort, Moltkestraße 75

Greeny in a bottle

Seit drei Monaten werden hier unerhört gut schmeckende Vitaminbomben verabreicht. Die frisch gepressten und mit Liebe zubereiteten Take-away-Säfte und Smoothies sind neben den Energy Balls die Hits des Ladens. Aber auch glutenfreie Brote, Chia-Pudding, Quinoa- oder Hirsesalate gehören zum Powerfood-Angebot. Top: Energiebällchen. Unterbilk, Konkordiastraße 109

Kleinhaus

Das vegane Frühstück für 15 Euro reicht dicke für zwei Personen. In Omas Wohnzimmer wird orientalisch veganisiert. Neben Smoothies und Take-Away-Soja-Café-Latte gibt es auch Bagels, Sandwiches und vegane Tagesgerichte. Unterbilk, an der Gladbacher Straße 5

Szenig: Schnell Veg

Winzbude mit aus Europaletten zusammen gezimmertem Mobiliar. In cooler Atmo werden todschicke Burger aus Soja, Seitan oder Tempeh, Flammkuchen, Pasta und sündhaft leckere Desserts serviert. Top: Burger, hausgemachte Getränke (auch alkoholische Cocktails). Pempelfort: Bagelstraße 130

Veganerie

Veganes aus der Black Box. Im Gegensatz zu den schick-schwarzen Wänden verströmt das Speiseangebot im vietnamesisch geführten Daily große Fröhlichkeit. Die von tierischen Produkten befreiten Sandviches, Vraps, Smoothies oder Baked Potatoes kommen schnell und lecker auf den Tisch. Auch die Bedienung strahlt. Top: Falafelvrap, Bircher Müsli. Flingern, Ackerstraße 129

Imbisse: Fritte

Edel-Pommesbude mit Bio-Fleisch oder Top-Tofu. An einem gigantischen Holztisch speist man Salate, Tagesgerichte, oder Currywurst mit scharfer Sauce und Pommes. Top: vegane Mayo, Mittagskarte. Flingern, Ackerstraße 181.

Sattgrün

Die drei Filialen des SB-Restaurants mit Terrasse erfreuen sich nach wie vor größter Beliebtheit. Das kalt-warme Büffet und die Getränke sind 100 Prozent vegan. Top: verlässliche Qualität. Innenstadt, Graf-Adolf-Platz 6 Hafen, Brückenstraße 12/Hammer Straße Flingern, Hoffeldstraße 18

Lieferservice: Fleischfrei / Jade Imbiss

Die Inneneinrichtung ist so gemütlich, wie die Namensgebung originell. Deshalb sollte man bei beiden Adressen lieber direkt den gut funktionierenden Lieferservice aktivieren. Getränke, Salate, Pizza, Burger und weitere Kleinigkeiten in vegetarischer und veganer Form bringt Fleischfrei, bei Jade kann man chinesische Klassiker in ihrer veganen Form ordern. Fleischfrei: Oberbilk, Oberbilker Allee 256 Jade: Bilk, Aachener Straße 163