Förderkreis hat sogar China im Boot

Der Förderkreis Industriepfad baut ein Netzwerk für die Wirtschaftskultur auf. Es reicht bis Wesel.

Die Zeugnisse der Industrie interessierten bislang nur die Bauwirtschaft, die die Hallen am liebsten zu Geld machte. Dass der Ziegelringofen an der Bergischen Landstraße der letzte seiner Art in Düsseldorf ist, erkannte der Städteplaner Niklaus Fritschi beizeiten, weil er von seinem Wohnhaus auf die Ruine guckte. Als die Gerresheimer Glashütte ihre Tore schloss, holte er sich Mitstreiter ins Boot. 2007 gründete er den „Förderkreis Industriepfad Düsseldorf-Gerresheim“ und startete einen Siegeszug. Seine Nachfolger vernetzen sich nun und rufen die „Industrieroute Rheinschiene“ aus. „Wer an die Industrie in NRW denkt, denkt nur ans Ruhrgebiet. Das ist aber falsch, denn die Zeugnisse der Industrie an der Rheinschiene sind großenteils noch vorhanden“, sagt der Historiker Peter Henkel, der Vordenker des Unterfangens und neben dem Ehepaar Schulenberg Fachberater des Vereins.

Foto: Judith Michaelis

Der „Industriepfad“ in Gerresheim ist aufgearbeitet. Eine Stele zur Draht- und Ziegelindustrie reiht sich an die andere und erinnert in ihren Texten an die Wirtschaftsgeschichte. Inzwischen werden auch Stadtteile wie Oberbilk, Lierenfeld, Rath und Unterrath beleuchtet. Führungen gelten dem ganzen Stadtgebiet. 15 Ausstellungen im Kulturbahnhof Gerresheim bezeugen das ehrenamtliche Engagement. Ab sofort kann das Bildmaterial auf einer Website heruntergeladen werden. So profitieren auch Schulen davon.

Als erste Stadt eiferte Köln den Düsseldorfern nach und hat nun eine „Via Industrialis“. Mit der Erweiterung der Aufgaben auf das Rheinland fühlte sich auch der Landschaftsverband Rheinland angesprochen und leistet Unterstützung. In der Arbeitsgruppe sitzen Professoren, Museumsleute und der Leiter des LVR-Industriemuseums. Ein Faltblatt gilt dem „industriellen Kernland mitten in Europa“, wie es heißt, mit 30 Objekten zwischen Bonn und Wesel, mit Schwerpunkten im Rheinischen Braunkohlenrevier, Bergischen Land und Niederrheinischen Steinkohlerevier.

Mit Stolz stellte der Vorstand unter Franz Nawrath, Hanno Parmentier und Peter Henkel die neuen Flyer und Prospekte vor, zu denen auch ein gestyltes FKI-Logo gehört.

Henkel verweist auf Düsseldorfer Vorzeigeobjekte:„Wo heute die Staatsanwaltschaft an der Fritz-Roeber-Straße sitzt, errichtete 1923 der Architekt Karl Wach die Phoenix-Zentrale. Deren Aktiengesellschaft war einer der größten deutschen Montankonzerne mit eigenen Berg- und Stahlwerken. Er war maßgeblich an der Gründung der Vereinigten Stahlwerke beteiligt.“

Fast vergessen ist die Kraftwerkshalle an der Oelser Straße in Eller. Sie gehörte zum Röhrenwerk der aus Belgien stammenden Familie Piedboeuf, deren Firma Eisen produzierte und verarbeitete.

Die Hohenzollern Lokomotivfabrik an der Neumannstraße und die Mannesmann-Häuser an der Rheinfront waren Schaltstellen der Industrie. Franz Haniel gründete 1872 mit kapitalen Freunden die Aktiengesellschaft für Lokomotivbau und ließ auch noch eine ganze Arbeiter- und Beamtenkolonie errichten.

Die Häuser am Mannesmannufer sind für Peter Henkel „Ikonen“ der Baukunst. Das Gebäude von 1912 erinnert ihn im Äußeren an einen Renaissancepalast. Architekt war Peter Behrens, in dessen Atelier damals Le Corbusier, Mies van der Rohe und Walter Gropius arbeiteten. Das benachbarte Punkthochhaus von Paul Schneider-Esleben gilt als erstes deutsches Hochhaus in Skelettbauweise mit vorgehängter Transparenz. Kurzum, so Henkel: „Düsseldorf hat ein reiches industriekulturelles Erbe“.

Deshalb findet der Förderkreis neuerdings potente Partner. So organisiert er vom 16. bis 20. April eine Ausstellung zur Düsseldorfer Drahtindustrie auf der Weltleitmesse der Drahtindustrie in Düsseldorf. Und vom 1. bis 22. Juli kooperiert er mit Düsseldorfs Partnerstadt Chongqing, wo der Düsseldorfer Fotograf Bernard Langerock die traditionelle chinesische Arbeitersiedlung Tangyuanju mit ihren architektonischen Besonderheiten vor dem Verschwinden zumindest dokumentiert. Peter Henkel sieht in dieser Arbeitersiedlung eine Parallele zur Gerresheimer Glashütte.