Forschung in Düsseldorf Warum in Gründerinnen weniger investiert wird

Düsseldorf · Wenn Frauen Unternehmen gründen wollen, bekommen sie deutlich weniger Kapital als Männer.

Eva Lutz von der Heinrich-Heine-Uni hat selbst schon eine Geschäftsidee in die Tat umgesetzt: Einen Dirndl- und Lederhosenverleih.

Foto: Anne Orthen (orth)

Sie haben es einfach nicht so drauf, die Frauen, lautet ein gängiges Vorurteil. Sie können es sehr wohl, werden aber zu wenig unterstützt, sagt die Wissenschaft. Denn wenn Frauen ein Unternehmen gründen wollen, ist es für sie ungleich schwieriger, an das notwendige Kapital zu kommen. „Und Geld ist nun mal der Knackpunkt“, weiß Eva Lutz, Wirtschafts-Professorin an der Heinrich-Heine-Universität. Dabei wäre es, nach Einschätzung von Experten, eine wirtschaftliche Chance und eine gesellschaftliche Aufgabe, mehr Gründerinnen zu mobilisieren.

Doch aller Anfang ist schwer, vor allem für Frauen. Sie werden (bei ähnlichem Lebenslauf) von Investoren eher als „jung und unerfahren“ eingeschätzt, Männer hingegen eher als „visionär und vielversprechend“, lautet die Einschätzung der Wissenschaftlerin, deren Spezialgebiet Unternehmensfinanzierung ist. Ihre Erkenntnis wird vom Gründungsmonitor der KfW-Banken belegt. Demnach bekommen Frauen seltener eine Finanzierung von Finanzinstituten oder anderen Geldgebern. Als im Jahr 2021 von Risikokapitalfonds die Rekordsumme von knapp vier Milliarden Euro ausgezahlt wurde, gingen über 91 Prozent an Gründer, sieben Prozent an männlich-weibliche Teams – und nur zwei Prozent an Gründerinnen.

Wie lassen sich solche gravierenden Unterschiede erklären? Offenbar beginnen sie schon bei den ersten Schritten in die Selbstständigkeit. Wenn Frauen Kapitalgebern ihre Gründungsidee präsentieren, werden ihnen offenbar andere Fragen gestellt als Männern. „Die werden eher aufgefordert, ihre Visionen zu erläutern und ihren Plan, wie sie die umsetzen wollen“, so Eva Lutz. Bei den Frauen würde eher ausgelotet, wie sie Risiken einschätzen und mit Schwierigkeiten umgehen wollen. Und sie würden häufiger nach ihrer privaten Situation befragt.

Die Wirtschaftsexpertin kennt beide Seiten. Auch sie war mal Gründerin, hat vor Jahren mit Kollegen, mit denen sie das Münchner Oktoberfest besuchte, eine kuriose Geschäftsidee in die Tat umgesetzt: Gemeinsam etablierten sie „Bavarian Outfitters“, einen Dirndl- und Lederhosenverleih. An diesem Beispiel verdeutlicht sie, wie unterschiedlich Geldgeber reagieren. „Einen Mann hätte man da vielleicht gefragt, wie er den Halloween-Markt in den USA erobern will, von einer Frau wollte man eher wissen, wie sie die Lederhosen wieder sauber kriegt.“ Aber sie hat auch einen handfesten Tipp für Gründerinnen, wie sie ein solches Gespräch in ihrem Sinne umleiten können: Indem sie darauf hinweisen, dass die Reinigung überhaupt kein Problem sei. Um dann gleich ihre Vision zu entwerfen.

Dies sind Strategien, die sich erlernen lassen und die an der Düsseldorfer Uni vermittelt werden. Denn dort wurde vor Jahren ein Gründungszentrum (CEDUS) etabliert, ein Ort der gebündelten Informationen, eine Schaltstelle für Absolventinnen und Absolventen, die die Selbstständigkeit planen und denen eine intensive Beratung geboten wird – auch zur Finanzierung des künftigen Unternehmens. Außerdem entwickelte Eva Lutz ein spezielles Lehrprogramm, das sich an Studierende aller Fakultäten richtet und wirtschaftliche Grundkenntnisse darüber vermittelt, was ein Businessplan oder eine Bilanz ist oder welche Rechtsformen es für Unternehmen gibt.

Frauen meist im Dienstleistungssektor

Dass nur 39 Prozent aller Neugründungen (und 20 Prozent der innovativen Startups) von Frauen initiiert werden, dafür gibt es nach Einschätzung der Wissenschaftlerin ein ganzes Bündel an Gründen. So würden sie schon von Beginn an von Eltern und Lehrern seltener zur Selbstständigkeit ermutigt und könnten sich weniger an Vorbildern orientieren. Laut Gründungsmonitor der KfW-Banken machen sich Frauen zudem eher in der Dienstleistungsbrache selbstständig – oft als Einzelkämpferinnen „mit geringer ausgeprägten Wachstumszielen“. Das wiederum bremst die Bereitschaft von Risikokapital-Gebern, im Übrigen ein Kreis, der zu über 90 Prozent aus Männern besteht.

Allerdings bleibt den Gründerinnen noch ein anderer Weg, um an das notwendige Kapital zu kommen: über Crowdfunding, die sogenannte Schwarmfinanzierung, bei der viele Menschen meist kleine Beträge investieren. In einem ihrer Forschungsprojekte wollte Eva Lutz herausfinden, wie es ein Unternehmen schafft, seine zahlreichen Geldgeber zu überzeugen. „Gründer und Gründerinnen glauben immer, es geht dabei um ihre tolle Geschäftsidee und deren Erfolgspotenzial.“ Aber die Studie habe gezeigt, dass die Persönlichkeit entscheidend sei – und die Art der Sprache, wie mit Geldgebern kommuniziert würde. Und auf diesem Gebiet könnten Frauen zweifelsfrei punkten.

Die Ratschläge der Wissenschaftlerin an Gründerinnen in spe: Sich die eigenen Stärken bewusst zu machen, mit vielen Menschen über die Pläne zu reden (auch mit denen, die hilfreich sein können), die Bereitschaft auszuloten, wie viel Zeit und Geld investieren werden soll (und notfalls verschmerzt werden kann), keine Angst vor dem Scheitern zu haben. Und dann: „Einfach machen!“