Kirche und Corona Friedenskirche: Online-Gottesdienst mit den vertrauten Pfarrern

Düsseldorf · Die evangelische Kirchengemeinde erfährt sehr viel Zuspruch und erreicht trotz geschlossener Kirche per Video sehr viele Menschen.

Die Pfarrer Frauke Müller-Sterl, Konstanze Meschke und Martin Kammer gestalten Online-Gottesdienste in der Friedenskirche.

Foto: Zanin, Melanie (MZ)

„Herzlich willkommen zum Online-Gottesdienst aus der Friedenskirche.“ Mit diesem Text, Bildern der evangelischen Kirche an der Florastraße in Unterbilk und Aufnahmen der läutenden Glocken im Hintergrund beginnt die neue Form der Kommunikation mit den Gläubigen in Zeiten der Corona-Pandemie. „Wir müssen das machen“, hat Kantor Andreas Petersen vor gut drei Wochen gesagt. Und er überzeugte das Team mit Pfarrerin Konstanze Meschke, Pfarrerin Frauke Müller-Sterl und Pfarrer Martin Kammer.

Müller-Sterl war da noch in Ruanda und besuchte ihre Nichte. Den Premieren-Gottesdienst ohne Publikum in der Kirche, dafür aber mit viel Publikum via Internet am Computer, Fernseher, I-Pad oder Smartphone gestalteten Martin Kammer und Konstanze Meschke.

Im Altarraum der großen Kirche berichten sie im gebührenden Abstand dieser Zeitung über ihre Erfahrungen und Gefühle und Kammer betont dabei: „Gottesdienst ist für uns Kern der Gemeindearbeit. Auch wenn das jetzt etwas Geld kostet, wir geben ja sonst nicht aus. Die Früchte kommen später.“

Oder auch schon jetzt. Denn die Pfarrer bekommen sehr viele positive Rückmeldungen. Der erste Online-Gottesdienst für den 22. März wurde bereits einen Tag zuvor als Youtube-Video ins Internet gestellt und wurde inzwischen 1345 mal aufgerufen. Seit dem dritten aufgezeichneten Gottesdienst (für den vergangenen Palmsonntag) können Interessierte diesen nun zudem über die Homepage der Friedenskirche als Video direkt anklicken.

Inzwischen haben die Pfarrer auch eine Abendmahlfeier online gestellt. Sie dauert 20 Minuten, kann verfolgt werden, „wann immer Dir danach ist“, sagt Kammer, auch mit einem Stück Brot und einem Schluck Saft oder Wein zu Hause. „Wir haben uns bewusst entschieden, die Gottesdienste nicht zu streamen, sondern jeder hat Zugriff, wann er es selbst will“, sagt Konstanze Meschke.

Rund 45 Minuten dauern die Gottesdienste, nicht mit voller Liturgie und auch mit kürzeren Predigten. In der Kirche, mit dann 900 freien Plätzen, befinden sich nur noch Thomas und Anton Götz, die die Kameras und damit die Regie führen.

An der Orgel spielt Andreas Petersen. Gesanglich wird er mal von Clementine Jesdinsky (Sopran) oder Joachim Höchbauer (Bass) begleitet. Das kommt auch auf den Videos sehr stimmungsvoll rüber. Im Altarraum agieren die beiden Pfarrerinnen und der Pfarrer.

Wie sie in korrektem Abstand zueinander stehen, markieren kleine Klebeband-Kreuze auf dem Kirchenboden. In dieser Karwoche zeichnen sie seit Dienstag den Karfreitags- und die Ostergottesdienste auf.

Zunächst gibt es dann immer einen kurzen Probelauf, wer der fünf Akteure wann zum Einsatz kommt und an welcher Stelle er dann sitzt oder steht. „Danach ziehen wir uns um“, sagt Kammer, der auch erwähnt, dass im Team dann jeder zum eigenen Pinsel und Töpfchen greift und sich schminkt. „Das tun wir sonst vor einem Gottesdienst nicht, machen es aber jetzt, damit unsere Haut nicht so glänzt.“ Danach läuft die Kamera und Ziel ist es, den Gottesdienst wirklich an einem Stück aufzuzeichnen, ohne Schnitt.

Konzentriert und anspruchsvoll ist das für das Team. Es empfindet dabei aber auch, dass es in den vergangenen Tagen noch stärker zusammengewachsen ist und sich gegenseitig stärkt in der neuen Situation. Die Corona-Pandemie ist natürlich auch im Gottesdienst Thema in der Ansprache an Familien, denen die Nähe vielleicht aktuell zu viel werden kann oder eben an jene Menschen, die alleine wohnen und sich nun besonders einsam fühlen. Die Geschichten der Bibel werden mit der aktuellen Situation in Beziehung gesetzt.

Die leeren Kirchenbänke werden in den Videos (sie sind alle noch abrufbar) extra nicht gezeigt. Nur die Pfarrer haben sie im Blick. Mit unterschiedlichen Gefühlen.

Konstanze Meschke denkt trotz des Erfolges der Internet-Gottesdienste an die älteren Menschen, die auch auf diese Art nicht erreicht werden, weil sie gar kein Internet haben. Doch die Kirchengemeinde ist erfinderisch: So wurden Senioren über Festnetz angerufen, der Anrufer startete das Video und legte den Hörer daneben – so konnte der Angerufene den Gottesdienst zumindest am Telefonhörer verfolgen.

„Einige haben uns gesagt, dass sie weinen, wenn sie die Glocken unserer Kirche und unsere Stimmen hören“, erzählt Meschke und ihr stockt dabei die Stimme.

Das Team freut sich über die Zustimmung, aus der Gemeinde (7000 Mitglieder), aus dem Ausland und ebenso von Katholiken. Wer mag, kann sich die Liedtexte ausdrucken. Viele sitzen mit ihrem eigenen Liederbuch und der Bibel daheim, wenn sie den Gottesdienst verfolgen. Manche sitzen und stehen auf, genau so wie sie es in der Kirche in normalen Zeiten machen würden. Ein Zuschauer schrieb der Gemeinde: „Fernsehgottesdienst ist schön, aber anonym. Wenn ich mit den Friedenskirchen-Gottesdiensten feiere, fühle ich Gemeinschaft und Heimat, vertraute Menschen, familiäre Nähe, die ich sonst in dieser schrecklichen Zeit vermisse.“

Andreas Petersen, der Organist und der Initiator der Online-Gottesdienste, hatte wohl ein sehr gutes Gespür, als er eben zu Beginn der Kontaktsperre sagte: „Wir müssen das machen.“ Und so lange sie gesund bleiben und es die Lage erfordere, werden sie es auch online machen, verspricht Martin Kammer.