Gastkommentar Eine mutige und kompromisslose Entscheidung ist gefragt
Gastkommentar Eine mutige und kompromisslose Entscheidung ist gefragt
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Die Alte Kämmerei mit der postalischen Anschrift Marktplatz 5-6 steht leer. Na und? Sie wird kaum vermisst, denn: Kaum jemand hatte je ein Verhältnis zu diesem Haus, in dem die Stadtkasse untergebracht war und in dem es nur um Rechenoperationen ging.
Mit der Entscheidung der Stadt, das Baudenkmal zu verkaufen, kommt aber plötzlich — salopp gesagt — Leben in die Bude. In José Rafael Moneo hat sich einer der Granden der internationalen Architekturszene gemeldet. Der Spanier will das Amtshaus vitalisieren und bürgernah umbauen. Moneo ist wer: Das Museum für Moderne Kunst in Stockholm hat er entworfen, das Grand Hyatt in Berlin auch, den Flughafen in Sevilla ebenso. Nicht zu vergessen das Rathaus von Murcia. Er hat es wachgeküsst.
Die Stadt kann, wie es scheint, aus dem Vollen schöpfen. Die Präsentation des Gebäudes stieß auf der Immobilienmesse in Cannes auf große Aufmerksamkeit. Sicherem Vernehmen nach haben inzwischen acht namhafte Investoren Interesse signalisiert. Die Erfahrung der vergangenen Jahre hat sie gelehrt: Es lohnt sich, den Düsseldorf-Stand zu besuchen. In dieser Stadt gehe was, sagt ein Investor. Nicht nur an der Kö oder im Hafen.
Die Umwandlung der Kämmerei zu einem Hotel ist nur ein Vorschlag — der beste sicher nicht. Ich sage nicht: schon wieder ein Luxushotel und Luxuswohnungen. Viel reizvoller wäre es, das Gebäude aus seiner Insellage zu befreien und mit Marktstraße sowie dem Rathaus zu verschmelzen. In der alten Kämmerei war am frühen Nachmittag „tote Hose“. Jetzt geht es darum, alle Fenster aufzumachen und den Bürgern die Immobilie zurückzugeben. Unterschiedliche Konzepte wollen gewichtet sein. Da liegt die Messlatte hoch.
Der Entwurf Kö-Bogen II ist ein mutiger, ein magnetischer Entwurf. Mag gut sein, dass Moneo sich daran orientiert hat. Sein Vorschlag, in die Kämmerei etwa eine überdachte Markthalle zu integrieren, ist mutig und deutet auf Kompromisslosigkeit: Bürger sollen dieses Haus quasi erobern. Politiker wie beamtete Planer müssen das nur zulassen. Freuen wir uns drauf.
Wolfgang Rolshoven ist der Baas der Jonges. (Archivfoto: Judith Michaelis)