Gault Millau: Düsseldorfer Sternefänger
So gut essen wie hier kann man in ganz NRW nicht – zumindest was die Auszeichnungen von Michelin und Gault Millau angeht.
Düsseldorf. Tiefstapelei gehört zum Küchengeschäft. Selbstverständlich hat der Küchenchef nicht das Lob eines kritisierenden Besseressers und -wissers im Hinterkopf, sondern einzig das Wohl seiner Gäste. Wird er sagen, wenn man ihn fragt. Dennoch steigt jedes Jahr im Herbst das Fieber - dann, wenn die beiden renommiertesten Restaurantführer erscheinen. Als erstes der Gault Millau mit seinen kurzweiligen Kommentaren und bisweilen gemeinen Verrissen, dann folgt der Guide Michelin - der mit den Sternen.
Ein Meister des kochenden Understatements ist Volker Drkosch, der seit Anfang des vorigen Jahres im "Victorian" das Sagen hat. Den Stern, den sein Vorgänger Christian Penzhorn erkochte, hat Drkosch locker verteidigt; und der Gault Millau hat die 17 Punkte, die es zunächst unter Vorbehalt gab, bestätigt. "Darüber haben wir uns gefreut, aber damit haben wir auch gerechnet", sagt er. Im WZ-Gespräch im Frühjahr hatte er allerdings noch vorsichtig einen zweiten Stern angepeilt. "So etwas kann man nicht planen", sagt Drkosch, "aber er ist nach wie vor das Ziel."
Für seinen Vorgänger Penzhorn, der jetzt im Monkey’s West kocht, hängen die Sterne derzeit etwas höher. Ihn zeichnete der Gault mit 15 von 20 möglichen (aber nie vergebenen) Punkten aus, an die Michelin-Sterne-Region kommt er derzeit allerdings nicht heran. Kenner machen dafür eher die unstetige Service-Leistung als die des Kochs verantwortlich. Ebenfalls mit 15 Punkten dabei ist Michael Reinhardt vom "1806" im Breidenbacher Hof. Damit ist es das beste Hotelrestaurant der Stadt. Nach wie vor funkeln übrigens acht Sterne von sechs Köchen über Düsseldorf. Top in Nordrhein-Westfalen, aber im Vergleich mit Städten wie Berlin oder Hamburg mit jeweils elf Sternen ist Luft nach oben.
In Düsseldorfs Oben herrscht allerdings kaum Wechselstimmung. Jean-Claude Bourgueil hält wie gehabt drei Sterne: Zwei und 18 Punkte gibt’s fürs "Im Schiffchen", einen fürs "Jean-Claude". Der Gault attestiert ihm, sich vom "Ruf des alten Meisters" befreien zu wollen. Lobendes auch über Peter Nöthel vom Hummerstübchen, ebenfalls zwei Sterne und 18 Punkte. Er habe einen hohen Grad an Routiniertheit erhalten, verfalle aber nicht in Routine. Das dürfte auch bei Kai Berens vom "Berens am Kai" so sein, der seinen Stern ebenso verteidigt hat wie Daniel Dal-Ben, der mit dem "Tafelspitz 1876" erst im vorigen Jahr geadelt wurde.
Lange Gesichter im Hafen-Restaurant "Lido", in dem Florian Ohlmann kocht, ein Schüler von Alain Ducasse. Die Erwartungen waren hoch, Ducasse gilt als streng und perfektionistisch, zudem wurde das Lido bisher nur mit zehn Punkten bewertet. In diesem Jahr gab’s auch nur 12, gehofft hatte man auf mehr. Auch für Dieter L. Kaufmann von der Grevenbroicher "Zur Traube" gab’s unschöne Neuigkeiten. Statt mit zwei Sternen muss er mit einem Stern leben. Den nach 21 Jahren verlorenen Stern sieht er locker, weil ihm seine Gäste die Treue halten, ärgert sich aber über die mutmaßlichen Gründe. "Als die Michelin-Inspektoren bei mir waren, haben sie als erstes gefragt, wie lang ich noch kochen will. Ich glaube, ich habe den Stern aus Altersgründen verloren." Kaufmann kocht seit 46 Jahren selbstständig.