Henry Storchs Soul wird bleiben

Der DJ, Musikverlagschef, Partymacher und ehemalige Betreiber des Unique-Clubs Henry Storch ist im Alter von 49 Jahren gestorben.

Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Im musikalischen Mainstream-Getöse Düsseldorfs war Henry Storch stets die rettende Insel. Als Clubinhaber, als Party-Macher, als Label-Chef, als DJ, als kritisches Bewusstsein, Künstlerseele und als Musikverliebter. Ein nimmermüdes Kraftwerk war Storch, immer im Einsatz für „soulful music“ wie er es nannte. Seine schier unerschöpflichen Energiereserven stammten aus der Liebe zur Musik. Großes hatte er in diesem Jubiläumsjahr vor, 50 Jahre alt wäre er geworden, sein Label Unique Records 30. Doch in der Nacht zu Dienstag ist die Kraftquelle nun plötzlich versiegt, wie eine seiner Mitarbeiterinnen am Dienstag offiziell bestätigte. Henry Storch ist mit 49 Jahren gestorben und hinterlässt Frau und Sohn.

Zurück bleibt zudem eine völlig geschockte Szene, die im Minutentakt ihre Trauer auf der Facebook-Seite von Storch zum Ausdruck bringt. Darunter auch DJ-Legenden und Weggefährten wie Keb Darge und Eddie Piller, der an mehr als 250 gemeinsame Nächte an den Decks erinnert. Arnd Zeigler postete ein Foto mit Storch kurz vor einem Paul-Weller-Auftritt, bei dem er im Vorprogramm aufgetreten war. Allein Storchs DJ-Leben, das des europaweiten Nachtarbeiters, würde diesen Artikel locker füllen — von Auftritten im Londoner Club Madame Jo Jo’s oder beim Montreux Jazz Festival. Immer mit ausgewählten Soul-Singles im Gepäck, aber auch Hip-Hop, Garage, Britpop, Punk, Reggae — Hauptsache „soulful“ eben.

Doch Storch war viel mehr als ein DJ, in Düsseldorf organisierte er oft die ganze Party mit dazu, wie jedes Jahr zu Weihnachten den fast schon legendären Unique Christmas Bash. Immer wieder wechselte er die Veranstaltungsorte, mancher Party-Gast bekam so auch endlich mal das Schauspielhaus von innen zu sehen.

Nachtleben-Geschichte hat Storch allerdings vor allem mit seinem eigenen Club geschrieben — dem Unique-Club, den er 1995 nach einer Partyreihe im Rheingoldsaal mitten auf der Partymeile Bolkerstraße in einem ehemaligen Strip-Club eröffnete. Ein rettendes Ufer mitten im Ballermanntreiben. Neben Storchs Soul-Partys legte hier regelmäßig Philipp Maiburg Drum ‘n’ Bass auf, der Plattenpapzt Hip-Hop. Und genauso genreübergreifend holte Storch ganz große Konzerte in den kleinen Club. Der alte Bobby Hebb spielte seinen Hit „Sunny“, der Hip-Hop-Gigant Jay Dee schleppte sich noch todkrank im Rollstuhl auf die Bühne und versetzte sein Publikum in einen Rausch. James Taylor war da, die Digable Planets, und, und, und.

Achselzuckend nahm Storch es da auch mal hin, wenn ein Künstler etwas teurer war, und er bei schwächerem Publikumszuspruch draufzahlte. Ums Geldverdienen ging es Storch tatsächlich immer nur nachrangig. Als echte Künstlerseele beschreibt ihn ein Freund, der sich für die Sache und seine Überzeugungen aufopferte.

Nachdem Storch den Club im Jahr 2006 schließen musste, versuchte er es Jahre später noch mal mit dem Club Blue Note an der Kurze Straße, und dann noch mal als Konzertveranstalter im Stahlwerk. Doch so gut wie im Unique lief es nicht mehr. Beides schlief recht schnell wieder ein.

Um so erfolgreicher entwickelte sich sein Label. Vor genau 30 Jahren hatte er es gegründet, um einer Band einen Plattenvertrag zu ermöglichen. Seitdem bewies er ein Händchen für „soulful Music“. „Hip Teens Don’t Wear Blue Jeans“ vom Frank Popp Ensemble landete sogar in den Top-20 der Charts. Aktuell stehen etwa die vielbeachteten Love Machine vor der Veröffentlichung ihres Albums.

Wie es für das Label weiter geht, ist noch offen. Aber Mitarbeiterin Ina Schulz sagt im Gespräch mit der WZ sehr bestimmt: „Es wird weiter gehen. Das wäre in Henrys Sinne und das will auch seine Frau.“

Unklar ist auch, wie es mit dem Golzheim-Fest weiter geht. Der Termin steht schon für den 21. und 22. Juli. Auch diese Idee hatte Storch — und setzte sie mit Hilfe der Golzheimer um. Ein Musikfestival als Nachbarschaftsfest. Und deshalb sollte das auch gratis sein. Als die Stadt mehr finanzielle Unterstützung für noch größere Bandnamen ablehnte, sagte Storch kurzerhand das ganze Festival ab. Überhaupt legte er sich immer wieder — oft auch öffentlich in dieser Zeitung — mit der Stadt an. Aufgrund mangelnder Unterstützung für sein Jubiläums-Fest zum 25-Jährigen seines Labels verlegte er die Feier kurzerhand nach Krefeld und stellte die kulturelle Arbeit in Düsseldorf vorübergehend ein. Ihn ärgerte besonders, dass viel kommerzieller orientierte Festivals wie das Open Source und das New Fall mit viel größeren Beträgen unterstützt wurden.

Henry Storch war unique. Und dieser Begriff war für ihn nicht nur Namensgeber für Partys, Club und Label, er wurde zum Leitmotiv für Storch. So blieb er immer auf der Suche nach dem Unverwechselbaren, dem eigenen Charakter, dem Einzigartigen - in der Musik und für Düsseldorf. Und durch dieses Streben ist Storch selbst unersetzlich für diese Stadt.