Die CDU kann plötzlich Opposition
Die Christdemokraten kämpfen seit 2014 damit, stärkste Fraktion im Stadtrat, aber dennoch in der Minderheit zu sein. In den Ausschüssen dieser Tage präsentieren sie sich überraschend anders.
Der Oppositionsführer war von der Idee einfach zu überzeugt. Als Rüdiger Gutt am Morgen des 14. Dezember eine Tüte ins Rathaus trug, war ihm eine nur mühsam unterdrückte Freude am Inhalt derselbigen anzumerken. Als der CDU-Fraktionschef dann endlich ans Pult durfte, um seine Haushaltsrede zu halten, lüftete er das Geheimnis. Er hatte Matroschka-Puppen mitgebracht, mit deren Hilfe er seine Generalabrechnung mit Oberbürgermeister Thomas Geisel gestaltete. Es wurde schnell klar, dass das Sinnbild nur mäßig funktioniert, das hielt Gutt aber nicht davon ab, das Ganze unbeeindruckt durchzuziehen. „Wenigstens hat er sich etwas überlegt“, sagten diejenigen, die versuchten, die Situation diplomatisch zu beschreiben.
Das war das Bild, das die größte Oppositionsfraktion im Düsseldorfer Stadtrat Ende 2017 abgab. Zweieinhalb Monate später macht sie einen ganz anderen Eindruck. Die CDU präsentiert in der aktuellen Sitzungsrunde der politischen Ausschüsse zahlreiche Anfragen und Anträge, die gleichermaßen durch ihre Summe wie auch ihre Qualität beeindrucken. Das hat vor allem zwei Ursachen: Der politische Gegner hat sich in eine schlechte Position manövriert und Personal-Fragen spielen aktuell nur eine untergeordnete Rolle. Und zwar weil und nicht obwohl 2020 über den nächsten Düsseldorfer Oberbürgermeister abgestimmt wird.
Die vorherige Kommunalwahl hat die CDU unerwartet und unerwartet heftig getroffen. Nach 15 Jahren an der Macht blieb sie zwar stärkste Fraktion im Stadtrat, fand aber keine Mehrheit, um weiter zu bestimmen. Diese seltsame Lage führte zu seltsamem Verhalten: Die Christdemokraten konzentrierten ihre politische Arbeit ganz wesentlich darauf, auf das erhoffte Ende der Ampel-Kooperation zu warten und gelegentlich auf die nach eigener Auffassung famosen Leistungen der Vergangenheit zu verweisen.
Im Herbst wurde erstmals deutlicher, dass sich etwas verändert, nach dem Zwischentief rund um die Haushaltssitzung verstärkt sich dieser Eindruck nun. Die genannten Anfragen und Anträge sind eine Mischung aus Kreativität und Klassikern des politischen Geschäfts. Die CDU-Politiker präsentieren neue Ideen für Düsseldorf wie einen digitalen Parkplatz-Finder, haben offensichtlich aber auch verfolgt, was die Menschen in dieser Stadt bewegt. Sie greifen Ärger und Angst der Schul-Eltern rund um den Sturm „Friederike“ auf, thematisieren Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen, fragen nach wie die Rückkehr zu G9 in den Schulen organisiert wird und fordern eine noch bessere Anbindung des Dome und des Rather S-Bahnhofs.
Diese Vielzahl der Vorschläge kommt zu einem politisch günstigen Zeitpunkt. Zumindest diese gute Nachricht hat die Haushaltssitzung gebracht. Dort hat die Ampel sämtliche Vorschläge der Opposition, also auch der Linken, abgelehnt. Und das obwohl die Vorschläge zum Teil absolut dem Programm der Ampel-Fraktionen entsprachen. Damit blieben zum Teil nur noch Erklärungen der Marke „sorry, aber echt falscher Zeitpunkt“. Das kann die „Ampel“ auf Dauer nicht durchhalten, weil sie sich dann den Vorwurf des Destruktiven einhandelt.
Diese inhaltliche Entwicklung wird begünstigt von der personellen. Bei der Bundes- und der Landtagswahl holte die CDU sechs Mandate, ein halbes Dutzend prominenterer Vertreter ist also gut versorgt. Im Moment gibt es wenig Zukurzgekommene, die mit der Aussicht auf erfolgreiche Eigenwerbung das inhaltliche Programm torpedieren. Und das gilt auch trotz der Suche nach einem OB-Kandidaten. Die Abgeordneten in Bund und Land werden dieses Karriererisiko nicht eingehen. In der Ratsfraktion halten die Protagonisten noch still, um sich ihre mittelmäßigen Chancen nicht zu verbauen. Und als wahrscheinlichste Lösung gilt ein Kandidat, der nicht direkt aus dem politischen Betrieb kommt. An der Überraschung arbeitet die CDU noch, da sie besser gelingen soll als das Spiel mit den Matroschkas.