„Ich bin kein Freund von Dramaturgen-Programmen“

Burkhard Glashoff ist Geschäftsführer und Programmplaner der Heinersdorff-Konzerte — und er lässt den Künstlern bei der Wahl ihres Repertoires gerne Freiheiten. Wir sprachen mit ihm vor Saisonbeginn. Auch über Themen, die sonst nicht im Fokus stehen.

Foto: Peter Hundert

Düsseldorf. Auch bei Heinersdorff steht die kommende Saison vor der Türe, und das geneigte Publikum erwartet das eine oder andere Schmuckstück aus der Schatzkammer der klassischen Musik. Doch wie entsteht das Programm? Was macht die Konzerte in Düsseldorf so besonders? Und wie kommt es eigentlich zu den so variierenden, bisweilen recht hohen Eintrittspreisen?

Wir trafen uns mit Burkhard Glashoff, Geschäftsführer und Programmplaner der Heinersdorff—Konzerte, und sprachen mit ihm über genau diese Themen.

Wenn Sie das Programm für die Heinersdorff-Konzerte zusammenstellen, von welchen Idealen, welchen Motivationen lassen Sie sich dann in erster Linie lenken?

Burkhard Glashoff: In erster Linie versuchen wir, die spannendsten Künstler der Gegenwart für Düsseldorf zu gewinnen. Es ist allerdings gar nicht so einfach wie es klingt, jene zu engagieren. Denn wir befinden uns in Wahrheit mittlerweile in einem globalen Wettbewerb mit Konzertveranstaltern und Konzerthallen, nicht nur hier in Deutschland, sondern europaweit, weltweit, in Asien, wo es überall neue Konzerthallen gibt. Die spannende Frage bei diesen Überlegungen ist also: wie kommt man an die hochkarätigen Künstler überhaupt ran und wie kann man sie begeistern, in Düsseldorf Konzerte zu geben.

Wie gehen Sie da vor. Gibt es bestimmte Tricks und Kniffe, die Sie uns vielleicht verraten wollen?

Glashoff: Die Düsseldorfer Tonhalle hat als Konzertsaal unbestreitbar große Reize. Künstler, die schon einmal hier waren, können das bestätigen. Künstler, die zum ersten Mal in der Tonhalle spielen, sind oft ein wenig überrascht, weil sie Düsseldorf gar nicht so — salopp gesagt — auf dem Schirm hatten als Konzertstadt. Sie sind dann überrascht, dass die Tonhalle ein so wunderbarer Konzertsaal ist, mit ihrer ganz speziellen intimen Atmosphäre: „Das Planetarium der Musik“. Es gibt dann immer einen Aha-Effekt, wenn man den Künstlern erklärt, dass die Tonhalle ein altes Planetarium ist, das jetzt als Konzertsaal genutzt wird. Das andere, was die Künstler immer wieder begeistert, ist das Publikum. Die Begeisterungsfähigkeit des Düsseldorfer Publikums, die wirklich ungewöhnlich ist. Auch im Vergleich mit anderen Städten. Das ist für die Künstler schon ein ganz wichtiger Faktor.

Ihre Konzerte haben auch ein großes Einzugsgebiet, oder?

Glashoff: Das auf alle Fälle. Es war auch unser Bestreben, mit der Übernahme der Heinersdorff Konzertreihen die Konzertangebote in der Tonhalle wieder als Magnet ins Rampenlicht zu rücken. Das war ein bisschen verloren gegangen. Die ganz hochkarätigen Künstler, die Spitzenorchester kommen nun wieder in die Tonhalle und sind nicht nur in der Philharmonie Essen oder im Konzerthaus Dortmund zu hören. Dann ist ein Konzertbesuch in der Tonhalle auch wieder attraktiv für das Publikum aus dem Umland und aus anderen Städten. Wir stellen schon fest, dass unsere Besucher durchaus Reisen von 100, 200 Kilometern auf sich nehmen, wenn sie ein besonders hochkarätiges Konzert erwartet. Lassen Sie uns gerne über das Programm der nächsten Saison sprechen. Sicherlich, jedes Konzert ist auf seine Art ein Highlight.

Was wären dennoch für Sie die absoluten Höhepunkte der kommenden Saison?

Glashoff: Die Schwerpunkte liegen 2018/19 auf dem Orchesterbereich, weil es uns gelungen ist, mit den Berliner Philharmonikern, den Wiener Symphonikern und der Tschechischen Philharmonie drei der Top-Ten — weltweit — nach Düsseldorf zu holen. Das ist ohne Zweifel ein ganz besonderes Highlight, das ich hervorheben möchte. Ansonsten freue ich mich sehr, dass wir mit Elina Garanca eine Star-Sopranistin an den Rhein locken konnten. Wir haben in den letzten Jahren nicht ganz so viele große Opern-Stars in unseren Reihen gehabt und sind daher stolz auf das Konzert von Garanca zum Saisonende. Ich freue mich aber auch auf einige spannende Themen jenseits der „reinen Klassik“ wie zum Beispiel die Fado-Ikone Mariza, Dianne Reeves, die große Queen des Jazz, Martin Grubinger, der Multi-Percussionist. Es gibt also auch ein breites Spektrum an Sonderkonzerten, die wir außerhalb des Abos anbieten.

Können Sie uns den Unterschied zwischen den Reihen Meisterkonzerte und „Faszination Klassik“ erläutern?

Glashoff: Die Meisterkonzerte 1 und 2 sind die traditionellen Orchesterreihen bei Heinersdorff, mit jeweils fünf Konzerten pro Saison. Dort treten die relevanten Orchester der Gegenwart auf, mit den großen Stardirigenten und Programmen, die das klassische Repertoire in der Breite abbilden. Während „Faszination Klassik“ mit aufgelockerten Programmen den Fokus mehr auf den Solisten des Abends legt und programmatisch ein bunteres Spektrum zeigen will als die Meisterkonzerte. Dort können wir inhaltlich auch ein bisschen mehr an die Grenzen gehen. Insofern bilden die Wiener Symphoniker schon eine Ausnahme in dieser Reihe.

Wäre es denkbar für Sie, auch häufiger zeitgenössische Musik in das Konzertrepertoire einzuflechten?

Glashoff: Das ist absolut denkbar. Wir verfolgen aber den Grundsatz, dass im Wesentlichen die Künstler ihre Programme bestimmen und nicht der Veranstalter. Ich bin kein Freund von Dramaturgen-Programmen. Ich verstehe meine Rolle als Vermittler und nicht als Dramaturg, der die Programme vorgibt. Meine Erfahrung ist, dass die Programme oft wesentlich spannender werden, wenn man den Künstlern freiere Wahl lässt, das Repertoire zu spielen, mit dem sie sich gerade beschäftigen.

Wenn man also ein Konzert bei Ihnen erlebt, so ist es auch eine Visitenkarte eines Künstlers, der sich genauso präsentieren möchte?

Glashoff: In der Regel ja. Wir sprechen schon über das Programm und lassen unsere Erfahrungen vor Ort einfließen, geben den Künstlern unsere Einschätzung. Im Prinzip lassen wir aber die Künstler die Programme gestalten und werden dafür am Konzertabend oft mit glücklichen Gesichtern belohnt. Das klingt selbstverständlich, ist es aber gar nicht. Es ist ein Ansatz, der sich durchaus unterscheidet von anderen Veranstaltern.

Wie kommt es zu den zwischen einzelnen Konzerten teils sehr variierenden und teils hohen Ticketpreisen?

Glashoff: Unsere Preise sind unmittelbar angelehnt an die Künstlergagen. Wir müssen natürlich bei der Preisbildung auch die Vorstellungen der Künstler berücksichtigen, sodass wir zwangsläufig ein Konzert teurer anbieten müssen, als ein anderes Konzert. Wir versuchen aber, bei allen Konzerten auch günstige Karten anzubieten und geben auch Ermäßigungen an Schüler und Studenten.

Da haben Sie also wenig Einfluss darauf?

Glashoff: Wir haben in der Tat sehr geringen Einfluss auf die Gagen und können nur entscheiden, ob wir einen Künstler einladen oder nicht. Und verbinden das natürlich mit einer Einschätzung, ob die Gagenvorstellungen dem Marktwert des Künstlers entsprechen. Die Berliner Philharmoniker oder Solisten wie Anne-Sophie Mutter sind natürlich wesentlich teurer als ein Nachwuchspianist.

Lassen Sie uns zum Abschluss noch über den Nachwuchs sprechen.

Glashoff: Wir versuchen stets, neue Talente, Künstler, die gerade am Durchbruch sind, frühzeitig zu entdecken und an uns zu binden. So hat das Publikum auch das Gefühl, von Anfang an dabei gewesen zu sein. Wir haben genau aus diesem Grunde die Klavier-Reihe „Talente entdecken“ etabliert. Da kann man sehr schön beobachten, wie sich innerhalb von zwei, drei Jahren eine internationale Karriere entwickelt.