"In der Fanszene geht es um Macht"
Fanprojekt-Leiter Dirk Bierholz wünscht sich, dass Fortuna Düsseldorf ein Zeichen gegen die Hooligan-Gruppierung setzt.
Düsseldorf. Am Samstag kam es im Fanblock der Fortuna zu Gewalt unter den eigenen Fans. Eine Gruppe von Hooligans hatte eine Flagge des als rechtsextrem einzustufenden Fanclubs „Frente Atletico“ aufgehängt. Ultras hatten das mit „Nazis raus“-Rufen beantwortet. Daraufhin kam es zu einer Schlägerei. Die WZ hat mit Dirk Bierholz, Leiter des Fanprojekts, und Achim Radau-Krüger, Geschäftsführer des Jugendrings, über die Vorkommnisse gesprochen.
Das Fanprojekt soll präventiv gegen Gewalt wirken und extremistische Tendenzen unterbinden. Jetzt gab es eine Schlägerei im Fanblock, die Fanszene ist gespalten. Haben Sie mit ihrer Arbeit versagt?
Bierholz: Nein. Sicher nicht. Als wir vor 20 Jahren mit unserem Projekt begonnen haben, gab es viel größere Probleme, mit einer offen rechts agierenden Hooliganszene und einem viel größeren Gewaltproblem. Ohne unsere Arbeit gäbe es noch viel mehr Auswüchse.
Die gibt es jetzt aber wieder.
Bierholz: Wir können natürlich keine gesellschaftlichen Probleme lösen. Unser Einfluss ist begrenzt. Wir haben drei hauptamtliche Mitarbeiter, mit denen wir Teile der Ultragruppen begleiten. Da sind Fans, die sich voll mit ihrem Verein identifizieren, für die Stimmung im Stadion sorgen, etwa Choreographien entwickeln. Sie gehören aufgrund ihres jungen Alters um die 20 zu unserer Zielgruppe. Wir machen Jugendarbeit. Die Hooligans sind meist viel älter und pädagogisch sicher nicht mehr zu erreichen.
Worum geht es beim aktuellen Konflikt?
Radau-Krüger: Es ist eine Machtfrage. Die Ultraszene hat die Fankultur über Jahre allein bestimmt. Mit den sportlichen Erfolgen kamen aber auch wieder Hooligans aus früheren Zeiten ins Stadion, die ganz andere Vorstellungen von Fankultur haben. Sie suchen gewalttätige Auseinandersetzungen mit Hooligan-Gruppen anderer Vereine.
Gibt es Probleme mit Extremismus — von links oder auch von rechts?
Bierholz: Wir haben mit Dissidenti eine Ultra-Gruppe, die gegen Homophobie, Rechtsextremismus und Sexismus eintritt, das halte ich nicht für linksextrem, sondern für selbstverständlich und wünschenswert. Demgegenüber steht eine Hooligan-Gruppe, die nicht rechts ist, die sich aber auch nicht von diesen Strömungen abgrenzt. Ich halte es für problematisch, wenn diese Leute eine Flagge von „Frente Atletico“ aufhängen, um damit zu provozieren. Wer sich ein bisschen informiert, sieht, dass Teile der Gruppe rechtsextrem sind.
Was muss jetzt passieren?
Bierholz: Es ist in Ordnung, dass sich Fortuna erst ein Bild von der Sache machen will. Aber der Verein muss Verantwortung übernehmen. Es kann nicht sein, dass junge Fans bedroht werden und Angst haben müssen, ins Stadion zu gehen. Nach unseren Erkenntnissen ging die Gewalt im aktuellen Fall ja von Teilen der Hooligan-Gruppe aus.
Radau-Krüger: Wir wünschen uns, dass der Verein jetzt ein Zeichen setzt. Das hat der Beirat des Fanprojekts übrigens schon Anfang des Jahres angeregt. Der Konflikt schwelt ja schon einige Zeit. Der Verein könnte von seinem Hausrecht Gebrauch machen und diese Frente-Flagge verbieten.
Welcher Art sind die Drohungen, von denen Sie sprechen?
Bierholz: Es geht um Gewaltszenarien. Man muss sich vorstellen, dass junge Ultras mit Hooligans konfrontiert werden, die 40 bis 50 Jahre alt sind, und die Gewalt gelernt haben. Viele Ultras haben Angst, manche trauen sich nicht mehr ins Stadion. Das darf nicht akzeptiert werden.
Radau-Krüger: Jetzt wäre es wichtig, dass sich alle Beteiligten gemeinsam mit den Fans an einen Tisch setzen und eine gemeinsame Lösung finden.