Düsseldorfer Weihnachten Jacques Tilly: Rauschgoldengel Angela hängt am Tannenbaum

Rosenmontags-Wagenbauer Jacques Tilly ist Atheist — und feiert trotzdem Weihnachten.

Foto: Lepke

Düsseldorf. Tatsächlich ist Jacques Tilly längst damit beschäftigt, welche frechen Mottowagen er am Rosenmontag durch Düsseldorf rollen lassen wird. Ab heute holt sich der erklärte Atheist die Kraft dazu. „Weihnachten ist ein Familienfest. Es ist der Zeitpunkt im Jahr, an dem die Familie für ein paar Tage zusammen ist und auf den sich die Kinder freuen“, sagt der 53-Jährige. Die Kindern, das sind die beiden inzwischen 15 und 18 Jahre alten Söhne.

Wie Atheisten Weihnachten feiern? „Das war nie ein Thema“, sagt Tilly: „auch ich bin in einer atheistischen Familie groß geworden.“ Auch als der Künstler ein Kind war, wurde darüber nicht viel diskutiert: „Aber meine Tante Gisela war sehr religiös.“ Tilly kann sich noch sehr gut daran erinnern, als im Garten eine tote Amsel gefunden wurde. „Die wurde dann beerdigt und wir haben ein Kreuz darauf gemacht. In dem Moment habe ich mir damals gedacht, dass da etwas nicht stimmt.“

Der Weihnachtsbaum sieht bei den Tillys allerdings völlig anders aus als in den meisten anderen Familien — denn es ist ein politischer Christbaum. Man sieht Bundeskanzlerin Angela Merkel als Rauschgoldengel, Sigmar Gabriel als verkaptten englischen Komiker, Mr. Bean oder den deutschen Papst mit einem Keuschheitsgürtel auf dem Rücken: „Das waren Figuren, die 2011 in der Satirezeitschrift Eulenspiegel enthalten waren. Die musste wir richtig zusammenbasteln, mit Vor- und Rückseite.“

Eigentlich wollte er die nur für ein Jahr behalten. „Aber dann haben sie uns so gut gefallen, dass wir den Weihnachtsbaum jedes Jahr damit schmücken.“ Übrigens nicht der einzige ausgefallene Christbaumschmuck: „Ich habe auch Weihnachtskugeln mit den Köpfen der ersten 44 amerikanischen Präsidenten. Leider nur bis zu Bush.“ Das Konterfei von Donald Trump hat sich der künstlerischen Leiter des Rosenmontagszuges allerdings schon vorgemerkt. Das Porträt hängt in der Wagenbauhalle über seinem Schreibtisch.

Als Atheist Weihnachten zu feiern, damit hat der Schelm keinerlei Probleme: „Schließlich ist das Fest an dem Datum in Wirklichkeit schon viel älter.“ Tatsächlich feierte der Mithras-Kult, der damals im römischen Reich der größte Konkurrent des Christentums war, am 25. Dezember das „Fest des unbesiegten Sonnengottes“. Erst im Jahr 274 nach Christus entschied Kaiser Aurelius, dass an diesem Datum Weihnachten sein soll. Tilly: „Es ist das Datum, an dem die Tage wieder länger werden.“ Andere Quellen berichten, dass Johannes der Täufer an einem 24. Juni gesagt haben soll, dass Jesus sechs Monate später auf die Erde kommen soll.

Solche Theorien werden bei der Familie Tilly an der festlich gedeckten Tafel an den Feiertagen aber keine große Rolle spielen. Denn da geht es so zu, wie in fast allen anderen Familien: „Mein Vater macht die Gans, es gibt Vanillekipferl und kleine Süßigkeiten.“ Und der Tannenbaum: „Der bedeutet ewiges Leben. Alle anderen Blätter sind schon abgefallen.“ Ein schönes Symbol: Für Atheisten und für Christen.