Düsseldorfer Rheinkirmes „Kirmes ist für Kleinkinder zu stressig“
Grelle Lichter, laute Musik und jede Menge Kniekehlen — aus Sicht eines Kindes wirkt die Kirmes eher einschüchternd.
Düsseldorf. Kinderwagen an Kinderwagen schiebt sich am Sonntagnachmittag durch die Massen. Vorbei an den Attraktionen der Kirmes, bei denen Erwachsene sich scheinbar unfreiwillig durch die Luft katapultieren lassen — warum sonst sollten sie so schrecklich schreien? Doch nicht nur diese künstliche Hysterie lässt den 21 Monate alten Max erstarren, auch der dröhnende Bass ist wohl neu für ihn.
Selbst das erste Fahrgeschäft für Kinder, das „World of Fantasy“, kann ihn nicht aus seiner Schockstarre lösen. „Autos findet er ganz toll“, sagt seine Mutter dennoch optimistisch und schreit gegen die alles übertönende Kindermusik an: „Schau, Max! Auto!“ Das Fahrgeschäft ist laut Schaustellerangaben für Kinder ab 20 Monaten geeignet.
Nur einige Meter weiter zeigt sich bei „Sieben Himmelsfahrten“ ein ganz anderes Bild eines Kinderkarussells. Dort ist die Musik wesentlich leiser, das Karussell ist so sparsam bestückt, dass die Eltern während der Fahrt neben den Fahrzeugen und ihrem Kind sitzen können. Für Greta (21 Monate) ist das Grundvoraussetzung für ihre Mitfahrt. „Alleine würde sie sicherlich nicht drauf gehen“, sagt ihr Vater Timo Eggert.
Das Fahrgeschäft „The Flying Airdance“ ist da eher etwas für härtere Kindernerven. Ein buntes Flugzeug rotiert durch die Luft. Die siebenjährige Mia findet das Gefühl im Bauch großartig. Nach der Fahrt stellt sie sich mit Brüderchen Maximilian (3) gleich noch einmal an. „Die beiden sind richtige Adrenalinjunkies“, sagt ihre Tante Melanie König (38). Doch die Leidenschaft geht ins Geld. „Wir sind erst am Anfang der Kirmes und haben schon 30 Euro ausgegeben. Mit Abendessen, Leckereien, Souvenirs und Fahrgeschäften ist man mit zwei Kindern locker 100 bis 150 Euro an einem Tag los“, sagt sie.
Paulina (4,5 Jahre) hat auf ihren ersten Kirmesbesuch lange gewartet — umso mehr gefällt ihr jetzt das Kinderkettenkarussell. „Die Kirmes ist für so junge Kinder einfach zu laut und zu stressig“, sagt Verena Zimmermann. Der Höhepunkt für junge Kirmesbesucher ist sicherlich „Willy der Wurm“, eine Kinderachterbahn.
Laut Schaustellerin können Kinder ab einem Jahr in Begleitung eines Erwachsenen mitfahren. Aus Sicht des Kinderschutzbundes ist das viel zu früh. „Es geschieht leicht, dass Eltern ihre Kinder ermutigen, etwas zu machen, vor dem sie eigentlich Angst haben“, sagt Diana Goldermann-Wolf vom Ortsverband. „Wir empfehlen, Kinder unter drei Jahren nicht mit auf die Kirmes zu nehmen.“
Lärm und Lichter würden eine hohe Stressbelastung bedeuten, die Fahrt im Buggy zwischen all den Beinen wirke bedrohlich. „Wenn es keine Möglichkeiten gibt, das Kind zu Hause zu lassen, empfehlen wir, zumindest eine Tageszeit zu wählen, zu der es weniger voll und laut ist: am frühen Nachmittag in der Woche“, so Goldermann-Wolf.