Düsseldorf Kritik von Eltern: Junge Union hat mit Freibier um neue Mitglieder geworben

In E-Mails werden dubiose Vorgehensweisen bei der Jungen Union in Düsseldorf geschildert. Neben Freibier sollen die Jungpolitiker auch mit anderen abenteuerlichen Versprechungen um Mitglieder geworben haben.

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Düsseldorf. Nach dem Fund einer Schwarzen Kasse bei der Schüler Union, die in den Büchern der Jungen Union (JU) fehlte, gerät diese jetzt auch aufgrund zahlreicher Beschwerden von Eltern unter Druck. Sie monierten vor allem im Verlauf des Jahres 2017 vorangegangene Tricksereien und undurchsichtige Methoden bei der Werbung von Neumitgliedern. Das geht aus acht Briefen und E-Mails hervor, die unserer Redaktion vorliegen und deren Absender der WZ namentlich bekannt sind. Ein Insider berichtet zudem von noch mehr Klagen von Eltern.

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Die Zitate lesen sich abenteuerlich: So schreibt eine Mutter, dass ihrem Sohn „unter Anpreisung von Freibier und man müsse den Mitgliedsbeitrag sowieso nicht bezahlen“ die Mitgliedschaft „aufgedrängt“ worden sei. Er sei zudem alkoholisiert gewesen. Sie kündigt in seinem Namen und fordert die JU auf, die Beitragsforderung zurückzunehmen.

Eine andere Mutter berichtet, dass ihre Tochter geglaubt habe, nur ein „Einverständnis zum Erhalt von Werbung“ unterschrieben zu haben, andere Eltern schreiben über ihre Tochter, dass sie „damit geködert“ wurde, günstiger auf Veranstaltungen zu kommen. In der nächsten Mail wird sogar angekündigt, „zivil- und strafrechtliche Relevanz“ zu prüfen, nachdem die Tochter zur Mitgliedschaft gedrängt worden sei. Immer wieder wird auch in anderen Schreiben auf die versprochene „kostenfreie Mitgliedschaft“ abgehoben, an anderer Stelle soll bei der Werbung sogar der Hinweis gekommen sein, dass man mögliche Mahnungen „ignorieren und einfach wegwerfen“ solle.

Warum es diese Praktiken um Mitgliedsbeiträge von mindestens zwölf Euro jährlich gab, ist unklar. Ein Mitglied der JU gibt in einer E-Mail an, „wegen Stimmenfang“ angemeldet worden zu sein. Aufgrund von Zweifeln an der werbenden Person will sich die Jugendliche aber bei der Abstimmung enthalten haben.

CDU-Kreisgeschäftsführer Bernhard Herzog bestätigt den Eingang dieser Beschwerden und dass sie Teil der Untersuchungen zur Schwarzen Kasse bei der Schüler Union sind. Mehr sagt er mit Hinweis auf das laufende Verfahren nicht.

Wie berichtet, hatte die Kreispartei bei der Überprüfung von anonymen Vorwürfen gegen den JU-Vorsitzenden Ulrich Wensel die Kasse zutage gefördert. Von der Bundestagsverwaltung aus drohen der Kreispartei nun Strafzahlungen, die diese wiederum an die Verantwortlichen weiterreichen will. In den an die Medien Ende 2017 anonym lancierten Unterlagen war der Vorwurf erhoben worden, die Schwarze Kasse bei der Schüler Union habe Wensel und Gefolgsleuten bei der JU dazu gedient, Mitgliedsbeiträge für Neumitglieder zu sponsern, um entsprechende Mehrheiten herzustellen. Auch auf Elternbeschwerden wurde hingewiesen. Wensel streitet die Vorwürfe entschieden ab. Er vermutet zudem, das sich viele Beschwerden auf die Zeit vor seiner Wahl zum Vorsitzenden im März 2017 beziehen.

Das Ausmaß der Beschwerden sei ihm nicht bekannt gewesen. Er wolle nun sicherstellen, dass allen Eltern in ihrem Sinne geantwortet werde. Er sei zwar nicht für die Praktiken aller Mitglieder verantwortlich, wolle „diesen Mist“ aber intern aufarbeiten. Benedict Stieber hatte als Wensels Vorgänger betont, dass es schon zu seiner Zeit viele der beschriebenen Beschwerden von Eltern gegeben habe. Das sei auch im Vorstand thematisiert worden, jedoch habe niemand Verantwortung übernehmen wollen. Stieber sagte der WZ, dass es häufig zahlreiche Neueintritte vor Wahlen in den Stadtbezirken gab, und die Mitgliedsbeiträge vor Ort und zum Teil von Dritten in bar bezahlt wurden.

Gestern griff der CDA-Vorsitzende Peter Preuss CDU-Chef Thomas Jarzombek, seinen alten parteiinternen Erzrivalen in Düsseldorf, in einem der WZ vorliegenden Brief scharf an. Die vom CDU-Kreisvorstand „initiierten Pressemitteilungen zeigten, dass er nicht willens oder in der Lage sei, die Vorwürfe sachgerecht zu bewerten“, schreibt Preuss. Er bezweifele, ob eine rechtswidrige Kasse überhaupt existiert habe und wirft Jarzombek vor, er stelle eine Gruppe Jugendlicher als Rechtsbrecher dar, nur um sie politisch kaltzustellen. Außerdem verletzt er so ihre Persönlichkeitsrechte. Thomas Jarzombek meinte hierzu: „Der Kreisverband hat sich mit großer Mehrheit hinter das Vorgehen des geschäftsführenden Vorstandes gestellt.“ Er fände es außerdem hilfreich, „solche Dinge intern zu besprechen.“

Wann ein Ergebnis der Untersuchung der Affäre Schwarze Kasse in Berlin vorliegt, ist offen. Herzog rechnet nicht mehr vor Ostern damit.