Auftritt der Düsseldorfer in Bayreuth
Am Freitag beginnt die Saison auf dem Grünen Hügel. Für einige Musiker aus der Landeshauptstadt ein Höhepunkt ihrer Arbeit.
Düsseldorf. Sommerzeit — Festspielzeit. Auch für manche Düsseldorfer Künstler sind das die Wochen, um Klamotten und Noten einzupacken und nach Bayreuth aufzubrechen.
Schon fünf Wochen, bevor in der Oberfränkischen Universitätsstadt die Richard-Wagner-Festspiele mit Paukenschlag und Prominenz eröffnet werden, beginnen die Proben. Das heißt: Fast neun Wochen verbringen sie dort. Musiker, Chorsänger und Solisten aus ganz Europa reisen an, denn die Wagner-Festspiele haben weder Orchester noch Chor und heuern für die zwei Monate die Besten auf dem Musikmarkt an.
Chorsänger Klaus-Lothar Peters, Sänger und Komponist Martin Wistinghausen, Solo-Cellist Nikolaus Trieb, Bratschist Tom Duven, Harfenistin Sophie Schwödiauer und die Souffleuse Ute Gherasim. Nur für Oleg Bryjak kam die Einladung überraschend und später: Der Bassbariton aus Kasachstan, der seit 1996 zum Rhein-Opernensemble gehört und weltweit an ersten Häusern gastiert, begann die Proben erst vor wenigen Tagen.
Als Einspringer wird er den Alberich (im „Ring“) singen. Über einzigartige Akustik, ideale Arbeitsbedingungen und ausgedehnte Probenzeiten schwärmen alle im Interview mit unserer Zeitung, kurz vor Festspielbeginn.
Auf den „bestausgestatteten Souffleurkasten der Welt“ freut sich Ute Gherasim, die mal wieder beim kompletten „Ring“ und beim „Fliegenden Holländer“ den Sängern hilft, falls sie beim Text einen Hänger haben. Die Mutter zweier erwachsener Töchter, seit 2003 regelmäßig auf dem Hügel, ist in Vorfreude auf die ganze Mannschaft, Sänger, Techniker, Musiker etc. „Wir sind alle eine große Familie“. Von freundschaftlich professioneller Atmosphäre erzählen andere. Ebenso Sophie Schwödiauer (37), eine von sieben Bayreuther Harfenistinnen.
Nikolaus Trieb spricht von einer Herausforderung, in einer großen Cellogruppe mit Pultstars wie Kirill Petrenko, Andris Nelsons und Christian Thielemann spielen zu dürfen. Der 49-jährige Cellist, seit 2009 in Bayreuth dabei, erzählt von einer außerordentlichen Verpflichtung, „ein Cellosolo an diesem besonderen Ort mit diesem Orchester“.
Der Orchestergraben mit seinen Treppen, anders als in allen Opernhäusern, ermöglicht einen fabelhaften Klang. Die Cellogruppe sitze hier auf dem drittem Treppenabsatz. Das Orchester ist umfangreicher besetzt als in Stadttheatern. „Den Ring spielen wir mit sechs Harfen“, sagt Schwödiauer. Davon kann die Rheinoper nur träumen.
Seit 1995 ist Tom Duven (51) mit von der Partie. So verzichtet der Bratschist der Symphoniker schon fast 20 Jahre auf seinen Urlaub. Einen Sommer ohne Wagnerfestspiele? „Kaum vorstellbar“, so Duven, der, wie viele Kollegen, privat in der Stadt wohnt. Seine Streicherkünste sind im „Tannhäuser“, „Holländer“, „Walküre“, Siegfried“ und „Götterdämmerung“ gefragt.
In allen Opern, in denen der Chor besetzt ist, hat Martin Wistinghausen Dienst. Der 35-jährige Bassist, der seit vier Jahren dabei ist und hier meist in einer Studenten-WG unterkommt, bezeichnet sich als „Wagnerianer“, ähnlich wie die Musiker.
Die „wochenlange Konzentration auf das Werk nur eines Komponisten“ macht für ihn den Reiz aus. „Musikalisch großartige Erlebnisse“ hätten die meisten Künstler hier, wie sonst selten. Als Freiberufler kann sich Wistinghausen es leisten, im Herbst ein paar Tage Urlaub dranzuhängen.
Für die anderen beginnen Ende August wieder die Proben in Düsseldorf. „Das ist nur möglich, weil mein Mann und meine zwei kleinen Töchter dabei sind, im gemieteten Ferienhaus. In meiner freien Zeit machen wir Ausflüge“, so Schwödiauer. Das gelingt Nikolaus Trieb nicht. Er versucht deshalb, alle zwei Jahre in Bayreuth Pause zu machen. Dann rufen Toskana oder Südtirol.
Was machen die Künstler, wenn sie mal keinen Dienst haben? Saunieren, Schwimmen, Spazierengehen, Wandern oder Fahrradtouren in der Fränkischen Schweiz und im Fichtelgebirge. Davon berichtet nicht nur Wistinghausen, sondern auch Gherasim, Trieb und Duven. Der eine schätzt abends die Frankenweine, der andere „den schönsten Biergarten“. Nicht zu vergessen — das ländliche, gehaltvolle Essen im Frankenland.