Ausstellung: Die Katastrophen des Thomas Schütte
Am Freitag eröffnet der Düsseldorfer Bildhauer eine Ausstellung mit neuen Holzfiguren und Druckgrafiken.
Düsseldorf. Thomas Schütte, Düsseldorfs berühmtester Bildhauer, hat seinen Heimathafen in der Kunstsammlung NRW. Dies liegt an den Sammlern Ackermann, die ihre Schätze gegen den Erlass von Erbschaftssteuern ins K 21 gaben, aber auch an Julian Heynen, der den Künstler früh ans Haus band.
Nun holt Museumschefin Marion Ackermann Schüttes „Wattwanderung“ aus den Depots, eine Suite von 138 grafischen Blättern. Der Künstler revanchierte sich: Er präsentiert in der Bel Etage zugleich zwei neue Skulpturen, Krieger 1 und Krieger 2, die ersten Großskulpturen in Holz.
Schütte ist ein sensibler Mensch, der stets auf seine eigenen Befindlichkeiten, Alkoholprobleme und psychologischen Gefahren reagiert. Nach der Jahrtausendwende begann er nach einem Aufenthalt auf Langeoog mit der Suite „Wattwanderung“. Ein Jahr lang arbeitete er daran, mitten im Katastrophenjahr. Er sagt: „Nach der Jahrtausendwende wusste niemand, wie es weiter geht. Keiner hatte eine Idee, keiner ahnte den Anschlag vom 11. September. Aber er lag in der Luft.“
Schütte legte seine Blätter zunächst lyrisch an, zeichnete Blumen, erotische und groteske Szenen auf die Kupferplatten. Einen direkten Bezug zum World Trade Center findet man nicht, aber plötzlich eine andere Handschrift: „Wenn in der Außenwelt etwas passiert, das einen erschüttert, dann kann man nicht mehr schreiben. Meine Hand hatte am 11. September plötzlich versagt.“
Nun hängen die Blätter scheinbar leicht und luftig an der Leine, die quer durch die hellen Räume gespannt ist. Dem Besucher bleibt nichts anderes übrig, als selbst mit dem Wandern zu beginnen, sich durch die Blätter an den Wäscheleinen zu bewegen, zuweilen den Kopf einzuziehen und die Kunst aktiv in sich aufzunehmen.
Das Thema der Katastrophe taucht auch in den neuesten Großfiguren auf, die gerade erst sein Atelier verlassen haben. Er erhielt eine Ausstellung in New York, und so kam die Assoziation von den USA als dem Land des Krieges. Diesmal griff er auf kleine Wachsfiguren aus der Studentenzeit vor knapp 40 Jahren zurück, vor allem auf den „Mann im Matsch“, mit dem alles bei Schütte seinen Anfang nahm.
Haltlose, verunglückte, kleine Figuren standen damals in seinem Atelier. Ursprünglich wollte er sie nun in Bronze vergrößern. Doch dann war die Verschalung so schön, dass er es dabei beließ. Die hölzernen Krieger, den Verschluss von Wasserflaschen als Käppi, Riesenlatschen an den Füßen, einen Stock in der Hand, stehen wie Sinnbilder des Unglücks im Raum. Das MoMa in New York griff sofort zu und kaufte die erste Fassung.