Ausstellung im Kaufhaus: Die hohe Kunst und das Schaufenster
Düsseldorfer Katharina Sieverding zeigt Installation in Düsseldorfer Kaufhaus.
Düsseldorf. Karibik ist das Schaufenster-Thema des Nobelkaufhauses Breuninger am Düsseldorfer Kö-Bogen im Mai. Grüne Palmen-Abziehbilder kleben auf dem Fensterglas, in einer Vitrine liegen Männershorts für 189 Euro, eine Sonnenbrille für 120 Euro und Flip Flops für 24 Euro.
Im Schaufenster daneben leuchtet nun ein Kunstwerk — ohne Preisschild. Das Parade-Fenster am Haupteingang des Kaufhauses ist zum Ausstellungsort für die digitale Projektion einer tiefblauen Sonne der Düsseldorfer Künstlerin Katharina Sieverding umfunktioniert worden.
Zu Stoßzeiten können bis zu 20 000 Menschen täglich an den Schaufenstern vorbeigehen — viele Museen bekommen für eine Ausstellung nicht einmal die Hälfte in drei Monaten zusammen. Allerdings geht man ins Museum, um sich der Kunst dort bewusst zu widmen. Am Schaufenster hastet so mancher achtlos vorbei.
Der magischen Anziehungskraft der Schaufenster-Installation Sieverdings mit dem Titel „Die Sonne um Mitternacht schauen“ kann man sich aber nur schwer entziehen. Drei Jahre hat Sieverding rund 100 000 Nasa-Satellitendaten über die Sonnenaktivität gesammelt, um sie zu einer blauen Sonne mit einer sich stetig bewegenden Oberfläche zu verdichten. Bis zum 5. Juli soll die blaue Sonne Tag und Nacht auf die Straße leuchten.
Darf man hohe Kunst, die letztens noch im Museum Moyland am Niederrhein zu sehen war, jetzt im Konsumtempel ausstellen, hinter einer Wand mit Gucci-Tasche? „Mutig“, sagen die einen, „grenzwertig“ finden es andere, manche Kunstexperten runzeln die Stirn. Die Chefin der Kunstsammlung NRW, Marion Ackermann, findet sehr wohl, dass man das darf. Die Stuttgarter Kaufhauskette Breuninger ist für drei Jahre Haussponsor der angesehenen Landesgalerie geworden. Zweimal im Jahr kuratiert sie künftig Kunst im Schaufenster.
Die Aktion polarisiere, sagt Ackermann. „50 Prozent sind begeistert, 50 Prozent nicht.“ Vielleicht macht das Museum deshalb auch kaum Werbung für seinen Außenposten im Schaufenster. Es sei auch für Künstler „ein hohes Risiko“, aus dem geschützten Raum eines Museums herauszutreten, sagt Ackermann. Im übrigen hätten aber auch Marcel Duchamp, Andy Warhol und Robert Rauschenberg Schaufenster gestaltet. Auf den Champs-Élysées in Paris sei Kunst im Schaufenster normal, aber nicht in Düsseldorf. „Hier gibt es eigentlich wenig gute Schaufenster“, sagt Ackermann.
Außerdem habe Düsseldorf eine starke Tradition des „l’art pour l’art“, also der reinen Kunst, und diese müsse man brechen. Ackermann hat dafür ein passendes Zitat des großen Kunsthistorikers Erwin Panofsky gefunden: „Sicher ist kommerzielle Kunst stets in Gefahr, als Hure zu enden. Aber ebenso sicher ist nicht-kommerzielle Kunst in Gefahr, als alte Jungfer zu enden.“