Ausstellung: Urviecher wie aus einer fernen Zeit

Im museum kunst palast zeigt Johannes Brus ab Freitag Fotos und Skulpturen.

Düsseldorf. Johannes Brus ist ein Mann vom Ruhrpott. In einem ehemaligen Wasserwerk produziert er monströse Elefantenrüssel, Nashörner, Elche, Adler. Die Skulpturen sind rau, schrumpelig, zerfurcht und merkwürdig plump. Wie Urviecher aus einer fernen Zeit.

Im Ehrenhof liegt ein massiges Nashorn, das der Galerist Wolfgang Gmyrek allerdings in Bronze gießen ließ, weil das vielleicht leichter verkäuflich sein könnte. Im Atelier ist ein Artgenosse aus Beton, ein fossiles Wesen mit merkwürdig gestochenen Augen, das Horn gen Himmel gestreckt.

Der Künstler aus Essen-Kettwig ist ein Außenseiter geblieben, auch als Fotokünstler. Seine Aufnahmen haben nichts mit denen der Becher-Schule zu tun. Sie handeln vom Erinnern, Versinken, Vergessen und Wiederauftauchen der Dinge in neuer Form.

Sie beziehen sich auf alte Schwarzweiß-Fotos aus der Kolonialzeit, Maharadschas, Paläste und Diener. Sie wirken unnachahmlich schön, denn die Farben leuchten partiell aus den entschwindenden Formen auf.

Brus unternimmt fiktive Reisen zu den "Wilden", wo sich Franz Marc und Siegmund Freud hoch zu Ross durch die Prärie bewegen, als würden sie Amerika noch einmal erobern. Der Ausgangspunkt war ein Touristenfoto aus dem 19.Jahrhundert als Postkarte. Brus machte ein Negativ von der schwarz-weißen Karte und tonte es, so dass die Farbe in der Emulsionsschicht liegt.

Seine Kunst wie seine Motive wirken unzeitgemäß, eher dem 19. Jahrhundert verpflichtet. Also keine Digitalkamera und kein Laptop, sondern riesige Wannen zum Wässern der Abzüge. Die Partien, die er heller haben will, fixiert er zuerst, die anderen lässt er braun oder gar schwarz werden.

Die merkwürdigen Zwischentöne kommen durch die altmodische Tonung, deren Flüssigkeiten sich mischen lassen. Dann wieder bleicht er ein Bild aus, und entwickelt es farbig.

In Spezialwannen spritzt er seine großen Papierplanen ab, so dass das Fließen der Farbe und des Wassers zu Wolkenbildungen auf dem Bild wird. Überall sind Spuren und Flecken vom Entwickler und Fixierer zu sehen. Es gibt Knicke. Brus bügelt gummierte Leinen auf den Hintergrund auf und befestigt alles mit Laschen. Kein Diasec also, sondern Knicke und Wellen.

Als der heute 66-Jährige 1979 den Villa Romana-Preis erhielt und in Florenz lebte, entdeckte er auf einem Trödelmarkt ein Biologiebuch. Auf jeder Seite war ein Tier abgebildet. Zwei Reiher tauchen nun in der Düsseldorfer Ausstellung auf, farbig getont und auf Barytpapier abgezogen.

Die Faszination der Blätter entsteht durch die Diskrepanz zwischen Natur und Künstlichkeit. Der Urheber der Aufnahmen hatte die Tiere in freier Natur fotografiert, aber anschließend die Bilder nachbearbeitet, die Vögel idealisiert und retuschiert. Brus bettet sie in sein graubraunes Nirgendwo, als sei er dem verlorenen "Papageienland Brasilien" des Frans Post auf der Spur, nicht mit Ölfarbe, sondern mit Foto-Chemie.

Eine Indienreise bestärkte Brus in seiner Freude für Exotisches. Seit 1994/5 entsteht seine Maharadscha-Serie. Die Fürsten haben kein Negativ als Ausgangspunkt. Vielmehr legte Brus Kopien aus Büchern unter das Episkop, so dass sie als Positivformen projiziert wurden.

Der danach angefertigte Abzug vom Positiv ist ein Negativ, dessen Umkehr-Form die geisterhafte Erscheinung dieser prächtigen Herrscher in ihren theatralischen Kostümen bewirkt. Hier geht es um nichts Konkretes, sondern um gleitende Übergänge in andere Erscheinungsformen.