Kai 10: Das Netzhemd als Turban
Kurator Zdenek Felix untersucht im Kai 10 entfernte Erinnerungen der Avantgarde.
Düsseldorf. Zdenek Felix, Kurator im Ausstellungshaus Kai 10, nennt seine Ausstellung "Remote Memories", "Entfernte Erinnerungen". Er ist der Überzeugung, dass sich die Künstler-Generation der 35- bis 40-Jährigen auf Phänomene der Vergangenheit, auf die Wiederbelebung früherer Erlebnisse bezieht. Vier Künstler hat er in den Medienhafen eingeladen.
Bernd Ribbeck und Thea Djordjadze gingen aus der Düsseldorfer Kunstakademie hervor. Ribbeck bearbeitet kleinformatige MDF-Platten mit Bootslack, der in die Hölzer eindringt und die Poren schließt, so dass die Acrylfarbe auf den Oberflächen steht. Anschließend pflegt er mit Buntstift, Marker, Ölfarbe, Kugelschreiber und ähnlichen Malmitteln Kreise und schmale Dreiecke aufzuzeichnen.
Die Motive auf den strahlenden Farbplatten erinnern an den Konstruktivismus, in einigen Kreis-Überschneidungen an den Orphismus der Malerin Sonia Delaunay. Felix fühlt sich bei Ribbecks Arbeiten eher an "esoterische Inhalte" in der Nachfolge von Otto Steinert erinnert.
Steven Claydon tritt mit köstlichen Skulpturen hervor. "Omar", Leihgabe aus der Saatchi-Sammlung, ist ein Verschnitt aus Comic und Kunstgeschichte. Einer Büste aus Keramik verpasst er eine Schnabel-Nase. Den Kopf umwickelt er mit einem gelben Herren-Netzhemd wie mit einem Turban, der wiederum an das David-Gemälde des toten Marat im Louvre denken lässt.
Claydon setzt einen Bunsenbrenner unter das Gestell, als wolle er wie einst Marat in der französischen Revolution abermals ein Feuer entfachen. Auch eine zweite Büste, diesmal in Aluminium, als Januskopf mit Doppelgriffen zum Tragen, wirkt doppeldeutig. Ob Claydon die "Kulturphänomene der Vergangenheit" reflektiert, wie Felix behauptet, oder eher die religiösen Spannungen der Gegenwart anklingen lässt, sei dahingestellt.
David Nooman und Thea Djordjadze lieben das theatralische Spiel in ihren Installationen. Nooman fand in einem Kölner Antiquariat Bücher zum Organisieren von Karnevalsfesten und fertigt danach verschwommene, braunschwarze Spielfiguren an.
Djordjadze setzt sich mit der Beziehung zwischen Lilja Brik und ihrem Geliebten, dem futuristischen Lyriker Wladimir Majakowski, auseinander. Ob der Besucher vom hölzernen Paravent in einer Ecke und vom weichen Kunststoffschal auf die russische Kultur der 1920er Jahre schließen kann, erscheint eher fraglich.