Ballett-Revolution auf der Bühne
19 junge Kubaner demonstrieren in „Ballet Revolución“ pure Lebensfreude. Dazu gibt es Musik aus den Charts.
Düsseldorf. Eine Revolution soll sich an diesem Abend auf der Bühne des Capitol Theaters abspielen, so kündigt es zumindest der Titel des Stückes an. Doch der Auftakt von „Ballet Revolución“ wirkt nun so gar nicht revolutionär. Im Gegenteil: Das junge Quartett tanzt klassische Pirouetten, vollführt klassische Hebe- und Schwebefiguren zu dem ebenso klassischen Spiel eines Orchesters. Schön anzusehen und technisch einwandfrei ist das, keine Frage. Doch sollte es bei diesem Programm, das angeblich Zuschauer auf der ganzen Welt begeistert, nicht darum gehen, die Schranken des Traditionellen zu durchbrechen und das Ballet neu zu definieren?
Dann gellt ein schrilles Trillern durch den Saal, die Zuschauer schrecken auf, treibendes Trommelspiel setzt ein, und die Stimmung schlägt binnen Sekunden um. Energie fährt gleichermaßen in die Live-Band und vor allem in das Ensemble, das die Bühne mit ihrem Feuer in den folgenden zwei Stunden in Brand zu setzen scheint.
Die markante Klangkulisse versetzt die Zuschauer in die Straßen Havannas, wo Tanz mehr bedeutet als Bewegung oder Kunst. Tanz ist Leben, so lautet die Philosophie, und die 19 Tänzer verleihen ihrer Überzeugung Ausdruck mit jeder Drehung, mit jedem Sprung und jeder Pirouette.
Denn so ganz kehren sie sich nicht ab von den Wurzeln des traditionellen Ballet. Vielmehr setzen sie die klassischen Bewegungsabläufe in einen neuen Kontext.
Das fängt schon bei der Attitüde der Tänzer an, ihrer Mimik und ihrer gesamten Bühnenpräsenz: Hier wird gelacht, mitgesungen, geklatscht und geschrien. Elemente aus Salsa, Hip-Hop und Mambo verleihen den Performances ihr kubanisches Feuer. Soli wechseln sich ab mit Gruppenperformances, wobei es nicht immer perfekt synchron zugeht. Muss es aber auch gar nicht, denn statt Perfektion steht hier offenkundig die Unterhaltung im Vordergrund.
Das spiegelt auch die Auswahl der Musiktitel wieder, darunter bekannte Hits von Beyoncé (Single Ladies), Enrique Iglesias (Hero) und Shakira (Hips don’t lie). Dieses bunte musikalische Potpourri ist eine Stärke, gleichzeitig allerdings auch eine Schwäche des Programms. Zwischendurch geht der rote Faden verloren, den eine klassische Nummern-Revue so dringend braucht. Dass die Show dennoch nicht in ihre Einzelteile zerfällt, ist vor allem der Band zu verdanken, die eine homogene Stimmung schafft und jeden noch so popmusikalischen Titel mittels Trommeln und Trompeten mit einem karibischen Klang färbt.
Die Zuschauer im Capitol bedanken sich dafür am Ende der Show mit stehenden Ovationen und einem nicht enden wollendem Applaus, bejubeln ausgiebig jeden der jungen Revolutionäre, die sich mit einem kurzen Solo von ihrem begeisterten Publikum verabschieden. Ein gelungener Abend.