Boreyko: „Ich werde Düsseldorf vermissen“

Der scheidende GMD Andrey Boreyko über die Stadt, das Orchester und seine unglückliche Liebe zur Oper.

Generalmusikdirektor Andrey Boreyko wechselt nach Brüssel.

Foto: Wayne Glowacki

Düsseldorf. In der Stadt hängen derzeit Plakate mit der Aufschrift „Danke, Boreyko!“ Denn der Generalmusikdirektor verlässt nach dieser Spielzeit Düsseldorf und wechselt nach Brüssel. Unter seiner Leitung sind die Symphoniker zuletzt zur Hochform aufgelaufen. Freitag, Sonntag und Montag steht er zum letzten Mal als GMD am Tonhallen-Pult.

Wie haben Sie sich in Düsseldorf gefühlt?
Boreyko: In Düsseldorf hatte ich viele sehr schöne Momente. Ich habe hier nicht nur wunderbare Konzerte mit den Symphonikern erlebt, sondern auch sehr gute Freunde gefunden. Es schlagen aber wie so oft zwei Herzen in meiner Brust, denn natürlich gab es bei einer so großen Aufgabe auch immer schwierige Phasen. Phasen, in denen die Kritik an der eigenen Arbeit groß und für mich persönlich nicht immer verständlich war. Phasen, als ich mit unserer Probenarbeit nicht ganz zufrieden war, und immer nach dem Grund suchte. Es war nicht immer einfach, das muss ich sagen. Umso mehr freue ich mich, dass in den letzten beiden Spielzeiten die Verbindung zum Orchester noch intensiver geworden ist und die Zusammenarbeit von viel gegenseitigem Vertrauen und Miteinander geprägt ist. Dafür möchte ich mich bei den Musikern der Symphoniker bedanken.

Konnten Sie Ihrer Meinung nach die Symphoniker musikalisch verändern?
Boreyko:
Wir haben an vielen Dingen musikalisch gearbeitet und konnten aufgrund der intensiven Proben während der Konzertwochen auch Details erarbeiten. Trotzdem wäre es für mich vermessen zu sagen, dass die Symphoniker meinen ganz persönlichen „Stempel“ mit sich tragen. Dafür sind die sechs gemeinsamen Wochen im Jahr zu wenig Zeit, die in Düsseldorf dem Generalmusikdirektor zur Verfügung stehen. Mein sehr geschätzter Kollege Axel Kober arbeitet in der Oper noch öfter mit dem Orchester, wir beide prägen die Symphoniker auf der Konzertbühne und im Orchestergraben. Ich wünsche meinem Nachfolger mehr Zeit mit dem Orchester und auch unbedingt, Opern zu dirigieren! Beides gehört für mich zwingend zu den Aufgaben eines Generalmusikdirektors.

Und warum haben Sie nie in der Oper dirigiert?
Boreyko:
Ich hatte mich im Vorfeld sehr gefreut, in Düsseldorf neben Symphoniekonzerten auch eine Opernproduktion pro Spielzeit vorzubereiten und zu dirigieren. Am Anfang war alles sehr vielversprechend, für 2008 hatten wir schon ein konkretes Projekt geplant, was leider wegen der Finanzkrise abgesagt werden musste. In den Folgejahren kamen wir dann aus programmatischen und terminlichen Gründen nicht mehr zusammen, was ich nach wie vor sehr schade finde. Meine Vorschläge stießen bei der Operndirektion auf wenig Interesse und die mir einmal angebotene Wiederaufnahme und eine andere Produktion waren für mich aus künstlerischen Gründen nicht gerade optimal. Oper zu dirigieren bleibt nach wie vor mein großer Traum, aber ich bin nicht sehr optimistisch, ob sich dieser Traum noch realisiert. Heutzutage spielen die Dirigenten im Opernbetrieb eine viel kleinere Rolle als noch vor 20 oder 30 Jahren. Die Hauptfigur bei Opernproduktionen ist heute meistens der Regisseur und sein Konzept. Und ob er oder sie überhaupt Noten lesen kann ist nicht so wichtig. Das finde ich sehr schade. Oper ist Theater, ganz klar, aber musikalisches Theater und Musik ist das wichtigste in jeder Oper.

Welches Konzert fällt Ihnen spontan als Highlight ein?
Boreyko:
Da fallen mir einige besonders emotionale Momente ein. Für mich immer noch sehr präsent ist das außergewöhnliche Konzert im Wiener Musikverein vor drei Monaten. Wenn die Verbindung und das Vertrauen zwischen Dirigent und Musikern so stark ist, ist das nicht mehr von dieser Welt. Aber auch in der Tonhalle hatten wir diese Momente: besonders bei Bruckners vierter Symphonie , Mahler's Adagio aus der 10. Sinfonie und Schrekers Werke.

Möchten Sie als Gastdirigent bald wiederkommen?
Boreyko:
Sehr gerne! Für die Symphoniker steht in der kommenden Spielzeit nun an erster Stelle, sich intensiv der Suche nach einem neuen Chef zu widmen. Die Auswahl will wohl überlegt sein und braucht einige Zeit und Ruhe. Mit Intendant Michael Becker und dem Orchestervorstand bin ich allerdings im Gespräch für eine längerfristige Planung. Sicher ist, dass in meinem Terminkalender immer ein Platz für Düsseldorf frei sein wird.

Glauben Sie, dass Sie etwas an Düsseldorf und den Symphonikern vermissen werden?
Boreyko:
Ich werde meine täglichen, langen Spaziergänge am Rheinufer entlang und durch Altstadt nie vergessen. Die vielen wunderbaren Museen, Parks und Restaurants. Ich werde unsere wunderbaren Orchesterwarte vermissen, meine exzellente Assistentin Frau Helmke und alle Tonhallen-Mitarbeiter, die immer alles möglich gemacht haben. Und nicht zuletzt wurde für mich Tonhalle-Intendant Michael Becker ein Partner, der bei der Planung auch für mutige Programme offen war. Wir haben viel diskutiert, aber immer eine Lösung gefunden. Last but not least werde ich das Düsseldorfer Publikum vermissen. Ernst, kritisch, sensibel, emotional. Ein Publikum, das eine eigene Meinung hat. Für so ein Publikum zu arbeiten war ein großes Glück. Zum Abschied sage ich nicht Adieu! Ich sage: bis zum nächstes Mal! Auf Wiedersehen!