Kommentar Brauchen wir einen Diskurs um die Öko-Bilanz von Kultur und Kulturbauten?
Düsseldorf · Kommentar Das Thema steht vor der Türe. So hat beispielsweise die TH Köln eine Studie zu Theaterbauten veröffentlicht. Düsseldorf indes ist nicht vertreten.
Kunst und Kultur hat gemeinhin eine Sonderstellung. Dies in vielen Bereichen. Wir subventionierten unsere Kulturorte, seien es Museen, Theater, Konzertsäle oder auch Bibliotheken – die Liste ließe sich unendlich weiterführen. Und das zu Recht, denn Kultur ist nicht nur ein zentraler Bestandteil unserer Identität, sondern hilft auch – im Idealfall möglichst vielen Menschen – das oft profane Leben mit Erhebung, Erbauung, auch mal Entspannung, vor allem aber auch Diskurs, kreativer Energie und deren Spuren zu füllen. Oft wird indes der Einwand angeführt, dass es Wichtigeres gebe, dass das viele Geld an anderer Stelle besser aufgehoben sei, als etwa in einem Opernhaus, das ohnehin nur von Eliten genutzt werde. Welch ein Irrtum darin doch steckt, denn Kultur strahlt aus, Kultur pflanzt sich fort führt hinab ins Profane und zieht wieder hinauf in bisweilen höchste Höhen. Und das ganz individuell – es ist ein Angebot, das im Grunde sehr vielen Menschen offensteht. Durch gute Kulturvermittlung über alle soziokulturellen Grenzen hinweg.
Das bei allen Bestrebungen um Nachhaltigkeit auch kulturelle Orte in den Fokus rücken oder noch rücken werden, dürfte – im wahrsten Sinne des Wortes – in der Luft liegen. Denn Klimaschutz kann vor Kulturorten, die bisweilen vor Jahrzehnten erbaut wurden und sicherlich nicht den neuesten Anforderungen an Nachhaltigkeit entsprechen, kein Halt machen. Wirklich nicht? Ein schönes Beispiel für die aufkeimende Diskussion, die wir hier nicht bewerten nur lediglich als Thema kenntlich machen wollen, ist eine Studie der Technischen Hochschule in Köln, bei der es um den Energieverbrauch und das Raumklima in Theaterspielstätten geht.
Im Rahmen des Forschungsprojektes führte die Hochschule in 13 Theaterspielstätten für eine Querschnittserhebung jeweils drei bis vier Wochen lang Messungen durch, heißt es im Bericht. Ergebnisse sind unter anderem, dass rund ein Viertel der Energie an Theatern für Strom und rund drei Viertel für Heizung und Warmwasser verbraucht wird. Je nach Größe der Spielstätte liegen der jährliche Strombedarf zwischen 191 834 und 2 001 571 und der Energieverbrauch für Heizung sowie Warmwasser zwischen 516 527 und 2 620 827 Kilowattstunden pro Jahr, berichtet man. „Nach unseren Analysen ist die Beleuchtung, vor allem aufgrund der Scheinwerfer im Theatersaal und auf der Bühne, durchschnittlich der größte Stromverbraucher“, erklärt Projektmitarbeiterin Carolin Kley, die die Datenanalyse vorgenommen hat. Spitzenlasten traten während Vorstellungen auf. Gründe sind hohe Anschlussleistungen der szenischen Beleuchtung und Klimatisierung des Zuschauerraums, heißt es in einer Präsentation der TH. Bei den Analysen zeigte sich zudem, dass es große Unterschiede an verschiedenen Häusern gibt. Der größte Verbraucher verbraucht 11 Mal so viel Strom als der kleinste. Grund sei die variierende Größe der Häuser, die Art und Frequenz der Nutzung.
Nun, Düsseldorfer Spielstätten sind in der Studie zwar nicht vertreten, doch wurde ein bunter Querschnitt an verschiedenen Theatern untersucht.
Aber lassen wir dieses Beispiel zur Seite. Sicherlich kann bei Theatern durch eine bedachte Sanierung Energie eingespart werden; wichtig dabei ist indes, dass die Möglichkeiten, die Kunstfreiheit dabei nicht eingeschränkt wird. Wieso? Wenn wir beginnen, Inszenierung-Teams vorzuschreiben, welche Effekte, welches Licht sie verwenden sollen, damit wir nicht so viel Strom verbrauchen, wenn wir anfangen, darüber nachzudenken an der falschen Stelle zu sparen, schränken wir die Kreativität ein.
Doch ließe sich fragen: Ist das bisschen Einschränken der Kreativität nicht legitim angesichts der drohenden Folgen eines Klimawandels? Und denkt überhaupt jemand daran, solche Einschränkungen überhaupt in Erwägung zu ziehen? Dies könnte man auch fortspinnen auf die Frage, wie wir unsere Kulturbauten sanieren, wie wir mit ihrer alten Substanz umgehen, und so weiter. Ob das mit viel Licht und Schein erkaufte präsentieren auf dem goldenen Tablett der Kultur überhaupt der doch so bedrohlichen Szenarien angemessen ist. Man möchte nicht polemisieren, aber man bedenke: Es gibt viele Dinge die eine nicht gerade rosige Ökobilanz haben und mit unterschiedlichem Maß sollte man nicht messen oder? Bevor wir Kultur, die auf unterschiedlichste Weise mal mehr oder minder schädlich, mal mehr oder minder mittelbar zerstörerisch für unsere Natur ist, in Frage stellen, sollten wir bei dem anfangen, das weniger unersetzlich für uns ist. Denn Kultur gehört zum Menschen.
Dieses Thema wird uns vermutlich noch lange beschäftigen; zu hoffen ist, dass mit Augenmaß gehandelt wird und vor Eifer keine übereilten Entscheidungen getroffen werden. Und zu wünschen ist ein offener Diskurs, der um den Wert von Kultur weiß.