Stoschek-Stipendium Catherina Cramer auf dem Weg zur gefragten Künstlerin

Düsseldorf · Die Meisterschülerin erhält außer dem Stoschek-Stipendium zwei weitere Auszeichnungen.

 Catherina Cramer heimst Stipendien ein, wie das LKART-Stipendium von Julia Stoschek.

Catherina Cramer heimst Stipendien ein, wie das LKART-Stipendium von Julia Stoschek.

Foto: Helga Meister

Catherina Cramer erhielt das letzte Atelierstipendium LKART der Julia Stoschek Stiftung im ehemaligen Landeskriminalamt an der Völklinger Straße 24, denn das Gebäude wird Ende des Jahres abgerissen. Die Auszeichnung gilt für Medienkunst. Da die Künstlerin auch Skulpturen macht, wählte sie auch der Kunstverein für ein zweijähriges Atelierstipendium im Atelierhaus in Reisholz aus. Rechnet man noch einen zweimonatigen Aufenthalt in Mexiko hinzu, der über die NRW-Stiftung finanziert wird, so ist es ein wahrer Goldregen, der auf sie fällt.

Auftakt als Wirtstochter unter dem Thekentisch der Eltern

Die Auszeichnungen waren ihr keineswegs in die Wiege gelegt. Die Eltern aus dem Ruhrpott führen eine Kneipe in Wesel, wo Catherina und ihr Bruder unter der Würfeltheke schliefen und morgens um vier Uhr unter dem Tisch hervorgeholt und ins Bett gebracht wurden. Eines Tages stand die Tochter ohne Abitur in der Düsseldorfer Altstadt, wollte wie die Oma Schauspielerin werden und fragte, was denn die Leute in einer Kunstakademie machen. Sie wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal, was die Studenten dort machen. Ohne Abitur, mit einem Notendurchschnitt von 1,9, statt der erforderlichen Note 1,7 ließ sich kein „Genieparagraph“ anwenden. Sie flog prompt durch die Aufnahmeprüfung und landete 2012 als 24-Jährige mit einer Performance an der Kunstakademie Münster, um Video, Performance und Installationen zu studieren.

Über Umwege tauchte sie doch noch an der hiesigen Akademie in der Klasse Gonzalez-Foerster auf. Wie ihre Professorin für Film, Fotografie, Installation und Environments steckt auch ihre Absolventin voller Phantasie und hat zugleich eine gute Beobachtungsgabe.

Im Februar 2018 fuhr die Studentin „einfach so“, also ohne Konzept, mit einer Künstlerfreundin nach Los Angeles und wurde auf die Self Storages am Highway aufmerksam. Diese Lagerboxen dienen in den USA als Shops für Online-Handel, Sportübungsplatz für Yoga und Mietquartier für die Armen, die sich keine Wohnung leisten können. Wieder zurück in Düsseldorf steuerte sie die Lagerbox von Obi in Lierenfeld an, die erste in Deutschland, die 1996 entstand. Das Team half bei der Umsetzung ihrer Abschlussarbeit für den Rundgang 2019, um eine originalgetreue Wellblechbude in einen Raum der Kunstakademie zu setzen. Im Video geht es um drei Lebensgemeinschaften mit alternativen Lebensmodellen. Die Arbeit bewirkte die vielen Stipendien.

Kaum zurück aus LA, begab sich die reiselustige Studentin abermals auf Tour, diesmal nach Juchitan in Mexiko. Und schwärmt hinfort über die „Stadt der Frauen“ und ihr „uraltes Matriarchat als zapotekisches Erbe der alten Hochkulturen“. Sie erwähnt auch die „Muxes“, die als Frau definierten Männer, die als feinfühlig und hilfsbereit gelten und die gleichen Arbeiten wie Frauen verrichten. Zwei Monate hielt sie sich dort auf, in Begleitung von Giulietta Oxenfort, die in Mexiko aufgewachsen war und deren Eltern als Schriftsteller oft über das Land geschrieben haben. Über die NRW-Stiftung will sie zurückkehren und einen Film drehen. Die Recherchen und das Drehbuch schreibt sie gerade im ausgedienten LKA-Raum und probt mit Schauspielern von der Folkwang-Schule.

Das nächste Projekt spielt im Erlebnispark in Brandenburg

Es sprudelt geradezu aus ihr heraus, wenn sie von ihrem dritten Projekt erzählt: Diesmal geht es um eine Parallelwelt in Berlin-Brandenburg, in den Tropical Islands, einem riesigen Erlebnispark mit 24-Stunden-Betrieb, hochtechnisierten Kulissen, künstlicher Sonne und vielen absurden Dingen. Dort will sie 2020 das Projekt „Biosphäre Zwei“ aus der Wüste Nevada neu auflegen. Dort hatten sich 1991 acht Menschen zum Test in einem Mega-Treibhaus einsperren lassen und hätten vor Hunger, Kakerlakenterror und Angst fast den Verstand verloren. Man darf gespannt sein, was sie daraus macht, wenn Abenteuerlust, Forschungsgeist und Erzählfreude zusammenkommen.

Ihre Zukunft sieht Catherina Cramer gelassen. „Ich habe mich für die Kunst entschieden. Das ist einfach so. Man muss auch etwas naiv daran gehen. Ich hoffe schon, dass es weiter geht.“