Junges Schauspiel Der Kleine Prinz zwischen Krähe und Müllhalde

Düsseldorf · Wir beleuchten Aspekte der Uraufführung nach Martin Baltscheits Geschichte am Jungen Schauspiel.

„Der Kleine Prinz und die Krähe“ feierte Premiere am Jungen Schauspiel. Die „Krähe“, Noëmi Krausz, und der „Kleine Prinz“, Jonathan Gyles, agieren vor einer Müllhalde.

Foto: David Baltzer

Das neue Jugendstück „Der Kleine Prinz und die Krähe“, nach der Buchvorlage (Der Kleine Prinz feiert Weihnachten) von Martin Baltscheit, wurde nun am Jungen Schauspiel uraufgeführt. Die Adaption der Fortschreibung von beziehungsweise Hommage an Antoine de Saint-Exupérys Geschichte um den Kleinen Prinzen unter der Regie von Frank Hörner kann unter verschiedenen Aspekten beleuchtet werden. Wir haben uns Gedanken zu dem Stück für Menschen ab 10 Jahren gemacht.

Die Idee Baltscheit selbst lässt die ätherische Figur vom Kleinen Prinzen (hier verkörpert durch Jonathan Gyles), nachdem sein Planet gesprengt wurde, auf die Erde zurückkehren, einerseits auf der Suche nach seinem alten Freund, dem Piloten, aber auch auf der Suche nach Antworten auf ewige Fragen, die den Kleinen Prinzen beschäftigen. Dabei stößt der Kleine Prinz in dieser Produktion auf eine schroffe, kaputte Welt. Eine Mülldeponie (Bühne und Kostüme: Stefanie Stuhldreier) dient als Schauplatz für die Begegnung des Prinzen mit einer Krähe (Noëmi Krausz) und schließlich mal sonderbar aufgedrehten, mal aggressiven, mal oberflächlich passiven Menschen (Selin Dörtkardes, Natalie Hanslik, Eduard Lind), die von Konsum, Frustration und Fantasielosigkeit geprägt sind. Zudem bettet man die Geschichte musikalisch in die 80er Jahre ein, was sich als Running-Gag durch das gesamte Stück zieht. Musik wirkt bisweilen als Katalysator für Aktion, kommentiert und kontextualisiert. Das Stück atmet eine gesellschaftskritische Ästhetik, die nur an wenigen Stellen Raum für Träumerei zulässt.

Gute Momente, Schlechte Momente Die Inszenierung, die viel Sounds, mit Sprach- und Klangeffekten arbeitet, konterkariert bewusst die lyrische Ästhetik von der Stilistik des „Kleinen Prinzen“. Weniger gut funktionieren bisweilen aufgesetzte Stilmittel wie das kommentierende Mitsprechen von Regieanweisungen – oder ähnlichen Charakterisierungen von Innensichten; genauso wie Musik-Szenen (Musik: Sebastian Maier), der Stilsprache der Achtziger entlehnt, dramaturgisch (Dramaturgie: Kirstin Hess) unvermittelt in das Geschehen einbrechen. Der Kleine Prinz selbst greift immer wieder zu einem Saxophon oder wird durch Musik zum Tanzen animiert – fast als wäre er eine ferngesteuerte Marionette. In den Augenblicken, wo so etwas wie empathische Verbindung zwischen Publikum und Schauspieler aufkeimt, durchtrennt man das sogleich durch ruppige Einbrüche.

Auch weniger überzeugend ist die Überzeichnung der Charaktere, die so Comic-haft wirken, aber eventuell ist das beabsichtigt. Packen, ja mitreißen kann das Stück in den wenigen stillen Momenten, etwa wenn die Krähe dem Kleinen Prinzen eröffnet, dass sein Freund, der Autor und Pilot selbst Saint-Exupéry, schon lange verstorben sein müsste. Überraschend bildstark setzt sich das Finale durch einen geschickt vorbereiteten Effekt von der überwiegend dystopischen Grundstimmung ab.

Für wen ist das Stück geeignet? Wer eine Hommage, eine aus der Stimmung des Originals atmende „Kleine Prinz“-Atmosphäre erwartet, wird wohl eher enttäuscht. Vielleicht zu laut und mit stereotypen „Jugendstück“-Bausteinen aufgeladen ist diese Produktion. Menschen, die ein gesellschaftskritisches Stück erwarten, das auch mal mit bewusst provokant gesetzten Anspielungen zum Diskurs einlädt, werden sich vielleicht eher angesprochen fühlen. Jugendliche werden vermeintlich niederschwellig abgeholt. Weniger geeignet scheint das Stück als Heranführung an das Original.

Infos zu Aufführungen am Jungen Schauspiel (Münsterstraße 446):