Kunstvermittler und Kurator Ein agiler Kunstvermittler mit vielen Projekten

Düsseldorf · Der agile Kunstvermittler arbeitet mit mehreren Institutionen zusammen. Nicht überall in der Stadt sind seine Aktionen willkommen.

Kurator Wilko Austermann steht vor der Arbeit „Störung des Gebräuchlichen“ von Paulina Hoffmann.

Foto: Anne Orthen (orth)

Einen Termin mit Wilko Austermann zu verabreden, ist schwer, denn der 31-Jährige ist ein Hansdampf in allen Gassen. Der gewandte Kunsthistoriker mit einem Abschluss als „Kunstvermittler im Museum und Kunsthandel“ arbeitet für verschiedene Kunstvereine, stattet eine Galerie oder eine Konzern-Etage aus und macht Führungen. Als freiem Kurator geht es ihm auch darum, über die Runden zu kommen, was in Corona-Zeiten nicht immer leicht ist. Da er nicht nur Ausstellungen betreut, sondern die dafür nötigen Sponsoren gewinnt, ist er vor allem in kleineren Institutionen willkommen.

Zum Studium an der Heinrich-Heine-Universität gehörte die praktische Arbeit. So holte er sich den befreundeten Kölner Künstler Alfons Knogl aufs Dach des Hotel „Friends“. Aber er ließ die Gäste später auch in den schummrigen Keller des Hotels steigen. Ähnlich ungewöhnlich waren im Jahr 2016 die ehemaligen Zellen in der Bunkerkirche, als er „Zeitgenössische Krisen“ mit Werken inzwischen berühmter Meisterschüler von Andreas Gursky wie Silke Albrecht oder Paul Hempt ausstattete, während Vera Drehbusch mit einer Soundinstallation den Zugang zur Rampe des Bunkers mit Unworten wie „Döner-Morde“ beschallte. Die Ausstellung wurde beachtet. 2017 brachte er mit „Florale Transformationen“ ein aktuelles Thema zu Wachstum und Vergänglichkeit in der Kunst gleich in die Kunstvereine Mönchengladbach und Krefeld sowie ins Hotel „Friends“. Die drei Partner mussten sich für das Projekt zusammenschließen, denn nur so konnte der Kurator die Geldtöpfe der Bezirksregierung und der Kulturämter in Düsseldorf und Mönchengladbach anzapfen.

Eine Kunst-Radroute mit 17 Großskulpturen

Zuweilen lockte er mit einem schönen Titel. „Sonnendeck“ nannte er 2019 die Installation von Paul Schwer auf dem Dach des „Friends“. Die Assoziation mit dem Deck eines Kreuzfahrtschiffs verging den Besuchern jedoch, als sie die Hoteltreppe emporstiegen und auf das heruntergekommene Milieu der umgebenden Dachlandschaften schauten. Paul Schwer verstärkte diesen Eindruck durch zerknickte Stahlrohre, blau schimmernde Kunststoffplatten, Holzlatten, durchlöcherte Wellblech-Jalousien und Leuchtstoffröhren sowie verformte PET-Platten. Der neue Hotelbetreiber hält allerdings wenig von dieser Alternativkunst, sodass Austermann zumindest diesen Job nicht mehr hat.

„Ich bin offen und schaue, was sich ergibt“, sagt er. Erst seit diesem Jahr gibt es den Kunstraum Kapuzinergasse 24, wobei ein gläserner Freilift die Besucher ins Obergeschoss führt. Dort stellt er Paulina Hoffmann aus, die die Kunst knüpft und webt. Austermanns Großprojekt aber ist Fahr-Art, eine 100 Kilometer lange Kunst-Radroute mit 17 Großskulpturen und Installationen, die die Städte Geldern, Kevelaer, Nettetal und Straelen verbindet.

Ziel der mit EU-Geldern geförderten Aktion ist es, den Landschafts- und Kulturraum an Niers und Nette für die Region erlebbar zu machen. Über einen Wettbewerb wurden Künstler aus dem Köln-Düsseldorfer Raum wie Clemens Botho Goldbach, Vera Lossau, Kai Richter, Paul Schwer, Christian Theiß, Katja Tönnissen und Evangelos Papadopoulos eingeladen. Die Ausstellung läuft bis 2023.

Wenn es klappt, arbeitet er im Malkastenpark oder im Kunstpalast, im Kölner Atelierhaus-Quartier am Hafen und erstmals für McKenzie im Sky Office, wo die Ausstellung coronabedingt nicht-öffentlich bleibt. Er wählt aus, führt, eröffnet, textet und organisiert etwa die „Junge Nacht“ für Studenten der Heine-Universität im Kunstpalast. Erstmals arbeitet er mit dem Museum Ratingen, wobei ihn der Einfluss des Digitalen auf die analoge Malerei interessiert.

Im Januar hat er ein wichtiges, persönliches Ziel erreicht: Er erhält die erste feste, halbe Stelle als Kurator im sanierten Schloss Cappenberg, einem ehemaligen Prämonstratenserkloster, das heute Privateigentum der Grafenfamilie von Kanitz ist. Dort trifft er auf Arne Reimann, der in Düsseldorf mit einer tollen Galerie leider nichts verdiente und seit 2017 beim Kreis Unna als Kurator für Haus Opherdicke und Schloss Cappenberg angestellt ist.