Lesung Der Musikabend, der eine Werbeveranstaltung war
Wim Wenders plaudert über sein Leben, legt Musik auf und wirbt für seine Ausstellung im Kunstpalast.
Düsseldorf. „Wim legt auf“. Der Slogan lockte jetzt knapp 800 Neugierige in den Schumann-Saal am Ehrenhof. Fans wollten Wim Wenders live erleben. Wenn der Titel auch vermuten ließ, dass der in Düsseldorf geborene Kultregisseur als DJ zu einer Party einlud, räumte Wenders gleich zu Beginn ein: „Ich bin kein DJ und kein Medienphilosoph.“
Er wolle Musik spielen und über Fotografie sprechen, über seine Lichtbilder, die in der Ausstellung „Wim Wenders. Landschaften und Photographien“ im Kunstpalast zu sehen sind. Damit feiert der Kunsttempel am Ehrenhof schon jetzt Wenders’ 70. Geburtstag am 14. August. So dienten im Schumann-Saal seine Bilder als Unterlage für 22 Songtexte. Also ein Musikabend — bei dem Wenders durch seine Biografie führt, der sich aber auch als Werbe-Veranstaltung für die Ausstellung entpuppte.
Viele Freunde und zahlreiche Kultur-Touristen warteten gespannt auf den Star. Die Musik des Wenders-Films „Paris-Texas“ schnurrte durch den voll besetzten Saal. Das Podium leer, nur ein Pult stand da, von dem aus der Meister die Musiknummern von seinem Laptop aus einspielte und über sich, sein Leben und die Fotografie plauderte. Doch der mit vielen Preisen und Oscar-Nominierungen dekorierte Filmregisseur hat zu anfang seine liebe Not mit der Computer-Technik.
Der erste Titel „Today is not the day“ von Gus Black will einfach nicht anlaufen. Ein Techniker eilt herbei, dann ein Zweiter. Professionell gelassen, aber dann doch leicht genervt reagiert Wenders, blinzelt durch seine blaue Designer-Brille. Und öffnet eine Weinflasche. Danach: Keine Pannen mehr. Passend Nina Hagens „Du hast den Farbfilm vergessen“. Genauso wie „People take pictures“ von The Kinks, der schrulligen Punk- und Beatgruppe der 60er/70er Jahre.
Dann geht’s um seine Kindheit im trostlosen Nachkriegs-Düsseldorf. Der einlullende Schlager „Morgen“ von Ivo Robic, mit dem seine Mutter immer wieder die Flucht aus grauen Alltagen antrat, ertönt. Damals hätte er schon gewusst, dass er raus wollte, in die weite Welt. Landete im Westen der USA. Dort, wo die Sonne so grell scheint und Wenders die direkte Helligkeit auf Celluloid bannte. Bis heute fotografiere er analog, vergleiche sich nicht mit digitalen Fotokünstlern, die nicht, wie er, die Welt abbilden, sondern mit Fotografie eigene Welten schaffen.
Songs wie „A certain kind of Light“ von Gus Balck oder „Kodachrome“ von Paul Simon klingen dazu wie musikalische Beweise. Horizonte fotografierte er, Steppen-Landschaften und verlassene Städte. Dazu singt Suzanne Vega den „Horizon“ oder die melancholische Beatles-Nummer erklingt „In my life“ mit dem Satz „There are places I remember“ (Es gibt Orte, an die ich mich erinnere).
Ähnliches empfindet man, wenn Wenders irgendwo auf der Welt auf den Auslöser drückte und Orte zeigt, die Geschichten erzählen. Von gestern und heute. Nach 90 Minuten: Begeisterung und Jubel für eine musikalisch angereicherte Lesung über Wenders gelebtes Leben und seine Fotografie.