Streit um Schauspielhaus und Ballett Der Theaterdonner von Düsseldorf
Die Landeshauptstadt übersteht die eilfertigen Reden ihres OB Geisel. Und Ballettchef Schläpfer erhält ein Marketing.
Düsseldorf. „Wenn du geschwiegen hättest, wärest du ein Philosoph geblieben“. So lautet ein Sprichwort der Römer. Man könnte es derzeit auf Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) anwenden, der sich mit seinem Gerede um das Schauspielhaus wie ein Elefant im Porzellanladen benommen hat. Dabei hat die Stadt das beste Ballett Europas, die vitalste Kunstszene von internationalem Ruf und fein aufeinander abgestimmte Museen.
Anstatt für die Kultur so zu werben, wie er es für die Tour de France am Startplatz Düsseldorf tut, brach er eine absurde Diskussion vom Zaun. Sie besagte, wie man zum Einsparen von Geld das Theater zerlegen, andernorts aufbauen oder mit Musicals versehen könne. Zum Glück warfen ihm alle Fraktionen im Rathaus seine Pläne um die Kultur- und Architektur-Ikone des Pfau-Baus um die Ohren. Und jetzt, da sich das Gewitter gelegt hat, kommt der Sonnenschein und damit die Einsicht bei allen Parteien: Das Schauspielhaus wird saniert. Das nennt man einen echten Theaterdonner.
Eines kann man diesem OB nicht absprechen: Er ist sympathisch und fleißig. Er spurtet, wenn es sein muss, beim Marathon. Aber er kommt aus dem Eon-Konzern, wo, wie in jedem Konzern, Planspiele üblich sind. Dabei liebt er die Alleingänge. Er hat sich nie politisch sozialisieren lassen. Einflüsse von außen kennt er nicht.
Dabei müsste er doch nicht nur für die Tour de France, sondern auch für die Kulturmetropole werben. Die Landeshauptstadt steht gar nicht so schlecht da. Sie hat mit Wilfried Schulz einen Schauspiel-Intendanten, der sehr konstruktiv agiert. Er hätte lautstark protestieren können gegen einen Abriss oder Verkauf des Hauses, stattdessen zitiert er den Autor Franz Xaver Kroetz mit den Worten: „In die Zukunft muss man investieren, damit sie eine wird.“
Nun ist es nicht etwa so, dass Düsseldorf sein Theater verlottern lässt. Das Gegenteil ist der Fall. Von 2002 bis 2010/11 wurden 37,7 Millionen Euro in die Ober- und Untermaschinerie sowie in die Schadstoffsanierung gesteckt.
Das Elend kam 2014 mit dem Sturm Ela. Dabei gab es einen starken Wassereinbruch, bei dem die Lüftungskanäle vollliefen. Im Dezember 2014 wurde der Auftrag erteilt, für eine neue technische Ausstattung zu sorgen. Seitdem weiß man zugleich, dass Dach und Fassade sanierungsbedürftig sind. Daraufhin gingen bei OB Geisel die Warnlampen an, denn für „Dach und Fach“ ist die Stadt zuständig, während die technische Gebäudeausstattung gemeinsam mit dem Land geschultert werden muss.
Nun kam aber auch der Architekt Christoph Ingenhoven für den Kö-Bogen II sowie die Tiefgarage ins Spiel. Diesem berühmten Baumeister erteilte der Aufsichtsrat des Schauspielhauses den Auftrag für einen Maßnahmen-Katalog. Das Papier liegt vor, nicht aber das Geld zur Sanierung. Hier nun ist erstmals Kulturdezernent Hans-Georg Lohe gefragt.
Er trägt nämlich seit dem 1. August die Verantwortung für die Kulturbauten. Er muss also ganz schnell richten, was das Amt für Gebäudemanagement versäumt hat. Als Erstes bringt er Anfang November im Fachausschuss einen Bedarfsbeschluss für die Planungskosten ein. Damit wird die Forderung der Landeskonservatorin nach soliden Zahlen für die Sanierung von Dach und Fassade erfüllt.
Das Schauspielhaus ist aber nicht der einzige Problemfall. Der zweite Fall, Ballettchef Martin Schläpfer, ist eigentlich ein Glücksfall. Sein Vertrag läuft bis 2019 und muss verlängert werden. Schläpfer wäre schlecht beraten, wenn er nicht an die Vertragsverlängerung Bedingungen wie einen besseren Ausstattungsetat für Bühnenbild und Kostüme und eine Anhebung der Gagen für die Tänzer knüpfen würde. Er machte seine Wünsche in unserer Zeitung publik. Das Ballett erhält derzeit jährlich rund 5,5 Millionen Euro Zuschuss.
Der Ballettchef hat zugleich etwas ausgesprochen, was als Forderung seit Jahren in der Luft liegt: Düsseldorf braucht ein Stadtmarketing für Ballett, Oper, Museen und Ausstellungshäuser. Der Wunsch nach einem Kultur-Marketing steht im Kulturentwicklungsplan an erster Stelle. Auch hier gibt es positive Zeichen, wenn Lohe erklärt: „Um die Kultur besser sichtbar zu machen, bauen wir jetzt ein Kulturmarketing auf. Bisher hatten wir nur einen minimalen Etat dafür.“
Dass all dies nun möglich ist, die Sanierung des Theaters und das Marketing, hat — wenn auch unbewusst — der Oberbürgermeister mit seinen Reden und seinem Gerede angestoßen. Manchmal ist ein Theaterdonner reinigend.