Nachhaltige Mode Nachhaltigkeit kommt in Mode

Düsseldorf · Die Akademie Mode und Design zelebrierte den „Fashion Revolution Day“.

Sethu Lakshmy kämpft als Trainerin für Textil-Programme in Indien für bessere Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie.     

Foto: Gregor Kaluza

Die Läden und Schaufenster sind voll davon, die durch die Innenstadt getragenen Tüten prall gefüllt mit neuer Frühjahrsmode. Wo und unter welchen Bedingungen Sommerkleider oder modisch gewaschene  Jeans zustande kommen, darüber wird – immer noch – zu wenig nachgedacht. Zum Fashion Revolution Day in der Düsseldorfer AMD Akademie für Mode und Design wurde darüber aber sogar gesprochen.

Was bedeutet der Fashion Revolution Day, fragt Elisabeth Hackspiel, Professorin für Modetheorie und Modegeschichte an der AMD, in die Runde. Betreten schweigen die Studenten. Der Tag erinnert an die Brand-Katastrophe 2013 in der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesh, bei der 1334 Menschen umkamen und mehrere tausend Menschen verletzt wurden. In den Trümmern wurden auch Reste von für Deutsche bestimmten Textilien gefunden. Auf einmal las man, dass auch Adler, C & A, Kik und Mango dort fertigen ließen.

Seit der Katastrophe gibt es hierzulande Bestrebungen, die Arbeitsbedingungen der Arbeiterinnen in fernöstlichen Billig-Fabriken zu verbessern, vor allem: zu kontrollieren. Doch transparente Zertifizierung von sozialen und nachhaltigen Arbeitsbedingungen ist aus der Ferne und sogar vor Ort schwierig.

Sethu Lakshmy ist Trainerin für Textil-Programme des FairTrade-Produzentennetzwerks NAPP und kämpft in Indien vor Ort für bessere Bedingungen. Kompliziert, denn es geht immer um die gesamte Herstellungskette. Das ist ein weites Feld: „Die Bedingen sind nach wie vor sehr schlecht, doch es gibt Lösungsversuche. Wir beginnen bereits bei der Frage, woher kommt das Garn?“, erklärt die engagierte Entwicklungshelferin.

Ein Werbe-Video von TransFair, eines Vereins „zur Förderung des Fairen Handels in der Einen Welt“ – besser bekannt für Kaffee und Tee – zeigt eine strahlende Näherin, die erklärt, dass Männer und Frauen in ihrer Fabrik das Gleiche verdienen. Arbeiterinnen halten stolz ein Schild ins Bild: „I made your clothes“ – ich hab deine Sachen genäht. Sieht und hört sich gut an für westliche Augen und Ohren. In der fernöstlichen Fertigung werden zwar mancherorts Mindestlöhne gezahlt, doch ein existenzsichernder Lohn müsste doppelt so hoch sein, mahnen die Fighter für mehr Fairness.

Michaela Reithinger, Vertreterin von TransFair, erläutert die einzelnen Stationen der Lieferkette, die jedoch nur so stark sein könne, wie ihr schwächstes Mitglied: „Die Konsumenten müssen auch kaufen, was zu verbesserten Bedingungen gefertigt wird.“ Ein zertifiziertes T-Shirt kostet dann eben 10 bis 20 statt drei bis fünf Euro. Bio-Baumwolle koste nun mal 25 % mehr als herkömmliche. „Aber wer fragt sich schon, von welchem Feld die Baumwolle kommt“, seufzt die gelernte Textil-Designerin.

Heiko Wunder fragt. Der Gründer des expandierenden Düsseldorfer Labels Wunderwerk (Slogan: Don’t panic it’s organic“) ist „mindestens ein- bis dreimal im Jahr vor Ort bei meinen Herstellern“, allerdings größtenteils in Europa, Italien, Portugal, Griechenland. In früheren Jahren war er oft in Fernost, kennt die dortigen Arbeitsbedingungen. Die sehen für ihn anders aus als im Werbe-Video: „Die Bedingungen sind oft unmenschlich. Es ist superheiß dort, es riecht fürchterlich, die Menschen laufen barfuß.“

Wie die FairTrade-Vertreterin kommt auch der faire Modemacher zu dem Schluss: „Der Endverbraucher hat die Macht“. Bis dahin muss vermutlich noch lange an der textilen Fertigungs- und Lieferkette geknüpft und getüftelt werden. So war die Düsseldorfer AMD-Veranstaltung auch ein Aufruf zur wahren Fashion Revolution. Ein Schritt in diese Richtung: Der Einkaufsführer „Buy Good Stuff“ für faire Mode in Düsseldorf und anderen Städten.

Das hätte wahrscheinlich auch der indischen Schneiderin Sharmila Kamli Mut gemacht. Doch die Vorzeige-Frau aus dem FairTrade-Video wurde für den Vortrag in Düsseldorf  das Visum verweigert. Einsicht: Vor der Nachhaltigkeit muss die Nachdenklichkeit kommen, sonst bleibt es bei Absichtserklärungen.