Zakk Düsseldorf Die Editors: Wie Weihnachten und Ostern zusammen

Es ist eine Sensation: Wenn eine Band wie die Editors, die in ein paar Wochen Hallen ab 5000 Zuschauern füllt, im ausverkauften Zakk spielt. 100 Minuten Glückseligkeit.

Foto: Rahi Rezvani

Düsseldorf. Zu den großen Herausforderungen der Popmusik gehört seit jeher das Verkaufen. Denn Pop ist der Handel mit Emotionen. Wer etwas von diesem Handel versteht, der ist gut. Wer ihn nicht drauf hat oder sich von widrigen Umständen wie etwa einem schlechten Tag, einer Trennung vom Partner oder einer Grippe aus der Bahn werfen lässt, der macht es nicht lange. Die Editors verstehen sehr viel vom Verkaufen. Sie schaffen es sogar, das Verkaufte mit Schleifchen drumherum wie ein Geschenk aussehen zu lassen. Und das trotz eines gebrauchten Tages vor ihrem Konzert im ausverkauften Zakk.

Es ist das erste Konzert der englischen Band um Sänger Tom Smith seit über einem Jahr. Der Tournee-Auftakt. Die erste Live-Präsentation des neuen Albums „In Dreams“, das am Ende der Woche erscheint. Kurzum: Es ist eine Sensation, dass dieses Konzert einer Band, die in ein paar Wochen die Hallen ab 5000 Zuschauern aufwärts bespielen wird, ausgerechnet in diesem Club an der Fichtenstraße steigt. Zumindest für die Zuschauer, die den Autokennzeichen draußen nach zu urteilen auch aus Regionen jenseits der 300-Kilometer-Marke kommen.

Für die Band muss es bis hierher eher ein Alptraum sein: Am frühen Morgen Flug von London nach Düsseldorf. Weiterflug nach Berlin. Aufnahmen für die Sendung „Circus Halligalli“. Flug nach Düsseldorf. Landung um 20 Uhr. Konzertbeginn um 21 Uhr. Soundcheck ist unmöglich. Sänger Tom Smith hat obendrein eine fette Erkältung und trinkt die ganze Show über Tee.

Die ersten Songs klingen wie Brei: dumpf, dröhnend, der Bass überwummert alles, Smiths Stimme sackt ab. Und dann: Fangen die Editors an mit dem Verkaufen. Es ist ein bisschen so, als ob jemand einen Schalter umgelegt hat. Von der Einstellung „Abliefern und schnell raus“ hin zu „Emotionsachterbahn an und los“.

Der einzigartige Mix aus Post-Punk, Wave, Elektronik, Stadionpop und Psychedelic, den diese Band wie keine andere beherrscht und der sie nicht umsonst für viele zu den legitimen Nachfolgern längst erloschener Ikonensterne wie Joy Division oder Echo & The Bunnymen macht, verändert die Atmosphäre.

Vorher war es eine Atmosphäre des Ins-Kalte-Wasser-Werfens mit einer Band, die aus dem Flieger auf die Bühne hetzt und Zuschauern, die bis zum ersten Song noch zu Dutzenden draußen ihre Kippen rauchen und erst auf den letzten Drücker reingehen. Auf einmal sind es Melancholie, wüste Depression und ein bisschen wilde Romantik, die Tom Smith und Co. aus den Ärmeln schütteln. Ein Cut, ein Schnitt, ein Emotionspaket mit Schleifchen drumherum. Wenn man die Editors vergleicht mit Bands, die hier und da ähnlich klingen, dann ist oft die Rede von Coldplay oder The Killers. So weit, so gut, so vergleichbar episch von der Liebe erzählend.

Aber: Während Coldplay die Typen fürs Händchenhalten sind und die Killers auf großes Schmonzettenkino setzen und es notfalls mit einem von Greinen begleiteten Auf-die-Knie-Fallen versuchen, sind die Editors diejenigen, die einen mit ein paar Flaschen Wein in der Hand mitnehmen zu den dunklen, gefährlichen Ecken der Stadt, um einen Trip zu starten. Dieser Trip endet schließlich im Stroboskopgewitter mit einem zuckenden Tom Smith am Mikrofon, der auch noch die letzten Quäntchen Stimme aus seiner Kehle drückt.

Die Gitarren krachen zu „Papillon“ und „Marching Orders“. Das „Thank you!“ des Sängers klingt heiser und abgekämpft - und sehr glücklich darüber, dass er das Paket mit den Emotionen so abgeliefert hat, dass sich die Zuschauer 100 Minuten lang so fühlten, als seien Weihnachten und Ostern tatsächlich einmal zusammengefallen.