Düsseldorf Die Rückkehr des Odysseus als Gesamtkunstwerk
Europäische Erstaufführung von „Il Ritorno“ durch das Ensemble Circa beim Düsseldorf-Festival.
Düsseldorf. Oper, Tanz und Zirkus fügen sich bei dem australischen Ensemble Circa zu einem sehr eigenen ästhetischen Genre. Diese hoch expressive Kunst passt in keine Schublade, ohne aber dabei wild oder formlos zu wirken. Bei der europäischen Erstaufführung des Stücks „Il Ritorno“ , koproduziert vom Düsseldorf Festival, frei nach Claudio Monteverdis gleichnamiger Oper wurde deutlich, wie harmonisch verschiedene Künste in einem Werk zusammenfinden.
Es geht in dem Stück von Yaron Lifschitz (Konzept und Regie) um die von Homer verfasste Rückkehr des Odysseus. Erzählt wird aber nicht die ganze Handlung, vielmehr bietet Lifschitz eine Abfolge zentraler Momente. Ausgehend von Monteverdis frühbarockem musiktheatralischem Werk „Il Ritorno d’Ulisse in Patria“ baut er der Gruppe ein neues Drama rund um das Thema „Rückkehr“ — mit allen Höhen und Tiefen. Auch Phänomenen wie Abwesenheit und Sehnsucht wird bild- und klangreich Ausdruck verliehen.
Beispielsweise taucht neben der in der Oper melancholisch reflektierenden Penelope eine Tänzerin auf mit einem Tau um den Körper. Immer wenn die Tänzerin loslaufen will, wird sie von jemandem, der das Seil fest in den Händen hält, zurückgehalten. Je entschlossener die Tänzerin Reißaus nehmen will, desto enger zieht sich das Tau und legt sich wie ein Strick um den Hals.
Sänger und Tänzer bilden trotz einer gewissen Aufgabenteilung eine optisch zusammengehörige Einheit. Sie kommen sich körperlich nah, auch wenn die komplizierte Zirkus-Akrobatik freilich ganz von den Artisten bewerkstelligt werden muss. Die Nähe zwischen Sängern und Tänzern wird besonders eindrücklich ins Geschehen eingebunden, als sich Penelope und Odysseus noch jahrelanger Trennung wiederbegegnen. Da steigt das Sängerpaar über eine Art Teppich von menschlichen Körpern, die sich ihnen fortwährend in den Weg legen.
Dass es bei Circa keine ganz strenge Trennung der Tätigkeiten gibt, greifen die Sänger auch schon mal zu Instrumenten wie Flöte, Geige oder Akkordeon. Nur das Duo fürs Basso continuo (Tasteninstrumente und Kontrabass) bleibt für sich. Die weitgehende Durchlässigkeit zwischen Gesang, Tanz und Musizieren bringt eine bezwingende Spontaneität in das Stück, vor allem am Schluss, als plötzlich Gustav Mahlers 1. Kindertotenlied „Nun will die Sonn’ so hell aufgeh’n“ in einer kammermusikalisch begleiteten Ensemblegesang-Fassung wie aus dem Nichts auftaucht.
Allerdings hat die Aufführung auch einige Längen. Die entstehen durch artistische Einlagen, die nicht ganz zwingend zur Handlung passen wollen. Da schien es, als wollten die Tänzer noch zeigen, was sie alles können. Sehr starker Beifall und Jubel im gut besuchten Theater-Zelt.