Düsseldorf Schauspielhaus: Theater ohne Ende
Die Stadt muss entscheiden, wo und wann der neue Intendant 2016 seine Spielzeit eröffnet. Sie muss sich beeilen.
Düsseldorf. Es steht viel auf dem Spiel. Für Wilfried Schulz, den designierten Intendanten des Schauspielhauses, für Oberbürgermeister Thomas Geisel und für Düsseldorf als Stadt, die einst zu den bedeutenden Theatermetropolen Deutschlands gehörte. Und die Zeit läuft davon. Mit der Ernennung des erfahrenen und zuletzt in Dresden erfolgreichen Theaterleiters Schulz haben viele gehofft, das Schauspielhaus komme aus der Krise. Schulz nannte direkt zu Anfang seine Bedingung: Er will 2016 in einem funktionstüchtigen Theater am Gründgens-Platz eröffnen. Keine überzogene Forderung, möchte man meinen. Genau das scheint aber nicht zu klappen. Die für Anfang bis Mitte 2016 geplante Sanierung des Schauspielhauses hängt eng zusammen mit Abriss und Neubau der dortigen Tiefgarage und den Plänen für den Kö-Bogen. Wenn sich Investoren und Oberbürgermeister nicht schnell über den Verkauf der betroffenen städtischen Grundstücke für den zweiten Bauabschnitt einigen, hat das Folgen für Schauspiel und Stadt.
Schlimmstenfalls schmeißt Schulz die Brocken hin. Dann stünde Düsseldorf zum dritten Mal in Folge nach Staffan Holm und Manfred Weber unerwartet ohne Intendant da. Es ist durchaus vorstellbar, dass sich die Landesregierung nach den zuletzt so schwierigen Verhandlungen zwischen Stadt und Land — den Trägern des Theaters — aus der Finanzierung zurückzieht. Das könnte das Aus für eine der größten Bühnen Deutschlands bedeuten. Die Schlagzeile sorgt sicher bundesweit für Aufmerksamkeit: Tiefgarage statt Theater in Düsseldorf.
Günther Beelitz, der das Schauspielhaus zurzeit als Interims-Intendant leitet, favorisiert ein anderes Szenario: Die Sanierung des Schauspielhauses beginnt erst dann, wenn auch alles drum herum bereit ist zum Bauen. Er selbst spart sich damit den komplizierten Umzug mit mehr als 300 Mitarbeitern ins Central, der Probebühne und alten Paketpost am Hauptbahnhof. Dort soll ab Januar 2016 die Ausweichspielstätte des Theaters sein.
Beelitz weist zurecht darauf hin, dass man die zudem notwendige und laut bisheriger Planung auf unbekannte Zeit verschobene Sanierung von Dach und Fassade des Pfau-Baus am Gründgens-Platz gleich mit erledigen könne, wenn das Zeitfenster nicht mehr so eng wie vorgesehen sei. Er nennt es einen Schildbürgerstreich, dass da jetzt keiner ran will.
Der Haken: Schulz könnte seine sicher in Teilen bereits vorbereitete Spielzeit und damit verbundene Verträge mit Regisseuren und Schauspielern vergessen. Zudem weiß der 63-Jährige, wie schwer es ist, die Düsseldorfer in das provisorische Theater am Hauptbahnhof zu bewegen. Daran ist schon seine Vor-Vor-Vor-Vorgängerin Amélie Niermeyer gescheitert. Wir erinnern uns: 2010 war das Schauspielhaus schon einmal geschlossen und saniert worden.
Oberbürgermeister Thomas Geisel steht bei Schulz im Wort, dass es mit der Eröffnung im November 2016 im Schauspielhaus klappt. Das hat er kürzlich nochmals bekräftigt. Es wäre fatal, wenn er wider besseren Wissens jetzt an seinem Versprechen festhalten und das Problem damit nur verschieben würde. Geisel, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Schauspielhaus GmbH ist, muss sich klar darüber sein, welche Verantwortung er trägt: Kann er garantieren, dass Proben und Vorstellungen funktionieren, wenn nebenan der Presslufthammer zuschlägt?
Nur wenn es eine realistische Chance gibt, dass der Betrieb von Baustelle und Theater im kommenden Jahr parallel laufen kann, darf er weiter auf das Vertrauen der Menschen hoffen, denen Theater viel wert ist. Und das sind am Ende alle Düsseldorfer Steuerzahler. Wohin Wegschauen und Weiterhoffen führen kann, zeigt das Desaster um Oper und Schauspiel in Köln.