Düsseldorf Die Filme in den Programmkinos in der Einzelkritik
Düsseldorf · In dieser Woche sind in Düsseldorf unter anderem der neue Film von Christian Petzold und eine schwierige Selbstfindung mit Willem Dafoe zu sehen. Zudem porträtiert Clint Eastwood das Trump-Klientel als Opfer der Fake-News.
Suicide Tourist Euthanasie in der Wellness-Zone. Max verkauft Lebensversicherungen, kennt sich also bei Verträgen mit dem Tod aus. Doch dann erfährt er, dass er an einem unheilbaren Hirntumor erkrankt ist. Er will sein Schicksal auf keinen Fall dem Krebs überlassen, doch zwei Selbstmordversuche scheitern. Als er von der Aurora-Klinik hört, scheint dies die ideale Lösung. Das abgelegene Berghotel bietet Sterbehilfe mit Komfort, Max unterschreibt. Doch als er sich die Sache anders überlegt, um seine geliebte Frau Laerke noch einmal zu sehen, stößt ihm das Kleingedruckte übel auf: es gibt keinen Rücktritt vom Abtritt...
Die deutsch-skandinavische Koproduktion von Jonas Alexander Arnby („When Animals Dream“) will sich nicht in Genreschubladen stecken lassen. Das Ergebnis ist eine melancholisch geprägte Meditation über das Leben und Sterben, die dann eine irritierende Wandlung zum Mystery-Thriller nimmt. (Bambi, täglich 21.30 Uhr, am Montag im schwedischen Original mit Untertiteln)
Undine Die „kleine Meerjungfrau“ ist erwachsen geworden. Den mittelalterlichen Mythos von „Undine“ verlegt Christian Petzold in das Berlin der Gegenwart und in die Seele einer modernen Frau. Undine (Paula Beer) arbeitet als Museumsführerin in Berlin und erklärt den Besuchern, dass der Name der Hauptstadt auf das Wort Sumpf zurückgeht. Von da ist es nicht mehr weit, die junge Frau in Verbindung mit jenem Wasserwesen zu bringen, dass erst durch die Liebe zur Seele findet, aber den Geliebten töten muss, wenn er sie betrügt. Genau das hat sie grade privat erlebt: Johannes hat sie verlassen. Doch in dem Moment taucht Christoph (Franz Rogowski) im wahrsten Sinne des Wortes auf. Der sensible junge Mann ist Berufstaucher und hat schon von daher einen besonderen Sinn für die Welt unter Wasser. Doch dann läuft Undine Johannes wieder über den Weg. Mitunter etwas zu symbolhaltig aufgeladen, gelingt Petzold eine Neuinterpretation der Undine-Story, die romantische Züge zulässt. (Cinema, täglich 16.30 und 19 Uhr, Sonntag nur 17.30 Uhr)
Siberia Der New Yorker Filmemacher Abel Ferrara drehte 1992 mit „Bad Lieutenant“ mit Harvey Keitel als korrupten, drogen- und wettspielsüchtigen Cop eine erschreckende Innensicht in die Abgründe des Wesens eines gefallenen Ordnungshüters. Zuletzt präsentierte Ferrara mit „Tommaso und der Tanz der Geister“ eine eher erschreckende, autobiographische Nabelschau eines Filmemachers, der in Rom lebt und sich mit einem schwierigen Filmprojekt in der Arktis und der Illusion eines normalen Familienlebens herumschlägt. Dieses Filmprojekt könnte gut „Siberia“ sein, das in der sibirischen Tundra spielt. Dort versucht Clint (wie Tommaso gespielt von Willem Dafoe), den Dämonen der Vergangenheit zu entfliehen. Eher ein alkoholwütiger Ego-Horrortrip als die Geschichte einer Selbstfindung. (Cinema, täglich außer Sonntag 21.30 Uhr, am Montag im englischen Original mit Untertiteln)
Sunburned Von wegen Teenie-Sommerfilm. Der Film der schwedischen Regisseurin und Autorin Carolina Hellsgard entdeckt hinter dem Urlaubsparadies die Kehrseite des sorglosen Ferienerlebnisses. Claire verbringt den Sommer mit Schwester Zoe und Mutter Sophie in einer Ferienanlage in Marokko. Doch Sophie interessiert sich nur für das Leben am Pool, Zoe verliebt sich in einen Jungen aus dem Hotel. Einsam streift Claire am Stand herum, als der gleichaltrige Amram sie flehentlich anspricht, ihm zu helfen. Der Zwölfjährige stammt aus dem Senegal und schlägt sich am Strand als Verkäufer durch. Er träumt davon, nach Europa zu gelangen. Sie versucht, Amram zu helfen, doch dadurch macht sie seine Situation noch schlimmer... (Bambi, täglich 19 Uhr)
Die schönsten Jahre unseres Lebens Das Filmprojekt dürfte einzigartig sein: Fast 55 Jahre nach seinem Nouvelle-Vague-Erfolg „Ein Mann und eine Frau“ macht sich Claude Lelouch an ein Sequel mit den Hauptdarstellern von damals. Doch bedauerlicherweise ist das schon das einzig cineastisch Bemerkenswerte daran, ein filmisches Comeback kann man weder Jean-Louis Trintignant noch Anouk Aimée oder Lelouch attestieren – zumal dies bereits der zweite Wiederbelebungsversuch des Klassikers (1986 gab es bereits „Ein Mann und eine Frau – Zwanzig Jahre später“). Das Ergebnis ist eine (selbst-)gefällige Hommage an sich selbst, die vor allem von den Szenen aus dem 66er-Film lebt. (Atelier, täglich 16.30 und 19 Uhr, am Sonntag um 19 Uhr im französischen Original mit Untertiteln)
Der Fall des Richard Jewell Auf das Heldentum folgte die Hölle. Richard Jewell arbeitete als Wachmann bei einer Sicherheitsfirma, die die Olympischen Spiele in Atlanta 1996 betreute. Als er einen verdächtigen Rucksack unter einer Parkbank entdeckte, informierte er die Polizei und half sofort, die Umgebung abzusperren und zu räumen. Ohne seinen beherzten Einsatz hätte der Bombenanschlag viel mehr Opfer gekostet. Jewell wurde als Held und Retter gefeiert. Doch das FBI war skeptisch, bei einer Hausdurchsuchung fanden die Ermittler eine umfangreiche Waffensammlung, Zeugenaussagen belasteten ihn als Wichtigtuer. Nun schwenkte die Medienmeute um, der Held wurde zum möglichen Täter, der Mensch zum verdächtigen Versager. Bis seine Unschuld bewiesen war, durchlitten Jewell und seine Mutter monatelange, demütigende Berichterstattung und mediale Vorverurteilung.
Mit seiner neuesten Regie-Arbeit knöpft sich „Altmeister“ Clint Eastwood, der mittlerweile 90 Jahre alt ist, ein heikles Thema vor. Mit seinem unbedarften „Helden“ Jewell porträtiert er das Trump-Klientel als Opfer der Fake-News. Filmisch ist das Spätwerk allerdings eher ein schwaches Opus. (Metropol, täglich außer Sonntag 20.15 Uhr, Samstag und Sonntag auch um 17 Uhr, mittwochs im englischen Original mit Untertiteln)