Fotoinstitut Das Düsseldorfer Fotoinstitut steht auf der Kippe

Düsseldorf · Aus Sorge um das Projekt hat OB Thomas Geisel einen Brief an die Ministerinnen von Bund und Land geschrieben.

Der Ehrenhof mit der Tonhalle im Hintergrund.

Foto: Zanin, Melanie (MZ)

Das Bundeskanzleramt und die Landesregierung erhalten gleichlautende Briefe von Oberbürgermeister Thomas Geisel. Adressaten sind die Kulturstaatsministerin Monika Grütters und die Kultusministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen. Der OB teilt den beiden Spitzenpolitikerinnen den Beschluss des Rates zum Standort des Deutschen Fotoinstituts Düsseldorf mit und bittet um eine zeitnahe Realisierung. Tatsächlich aber hat Geisel im Gespräch mit unserer Zeitung Anlass zur Sorge, dass das gesamte Projekt scheitern könnte.

Das Votum: Alle Fraktionen im Düsseldorfer Stadtrat stehen einstimmig hinter dem Projekt eines Deutschen Fotoinstituts am Ehrenhof, wohl wissend, dass dies das erste Kompetenzzentrum mit internationaler Ausstrahlung sein würde. Aber nicht nur der Rat votiert für das Projekt in dieser Stadt, sondern auch Bundestag und Landtag. In allen politischen Gremien verlief die Abstimmung einstimmig. Dennoch verfolgt die Beauftragte für Kultur und Medien des Bundes eine andere Strategie und setzt sich für Essen als Standort ein.

Der Brief: Geisel macht im Schreiben vom 24. Juni deutlich, dass das Düsseldorfer Fotozentrum jetzt eine konkrete Gestalt annehmen könne. Er betont: „Wir haben ein konkretes Grundstück neben dem Kunstpalast und gegenüber dem NRW-Forum, am Rande des Hofgartens, das wir unentgeltlich zur Verfügung stellen. Wir übernehmen auch die Kosten der baureifen Erschließung von rund 7,8 Millionen Euro. Wir haben eine  Machbarkeitsstudie für das Grundstück über die Stadttochter IDR erstellt. Das Raumprogramm steht bei einem Flächenbedarf von rund 6000 Quadratmetern. Und die Kostenkalkulation zur Erläuterung des Fördervolumens von rund 83 Millionen Euro liegt bei.“ Im Brief bietet er an, mit den beiden Ministerinnen zeitnah das weitere Verfahren zur Realisierung des DFI zu erörtern, insbesondere die nun erforderlichen Planungsschritte.

Die Hoffnung: Die federführenden Mitglieder des Haushaltsausschusses im Bundestag hatten den ursprünglich als Änderungsantrag formulierten Entwurf für die Aufstockung der Zuschüsse für investive Kulturmaßnahmen um rund 41,5 Millionen Euro gebilligt. Mit der Annahme der Anträge wurden sie Teil des Regierungsentwurfs, der durch den Haushaltsausschuss und sodann als Anlage des Haushaltsgesetzes 2020 vom Plenum beschlossen wurde. Hierzu Cord C. Schulz aus dem Bundestagsbüro von Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP):  „Durch die Annahme des Regierungsentwurfs entfaltet der Haushaltsplan selbst Gesetzeskraft und ist für das Handeln der Bundesregierung bindend. Der Standort Düsseldorf für das Deutsche Fotoinstitut ist durch die mit dem Antrag beschlossenen Bemerkungen darin enthalten und ebenfalls bindend. Es liegt somit eindeutig ein Parlamentsbeschluss mit Gesetzesrang für den Standort Düsseldorf vor, an den auch Staatsministerin Grütters gebunden ist.“ Nicht nur der Bund, sondern nachfolgend auch das Land hat entsprechende Beschlüsse gefasst.

Die 500.000-Euro-Klausel: 500.000 Euro hält der Bund zur Startfinanzierung des deutschen Fotoinstituts bereit, schon für dieses Jahr, während die übrigen Geldmittel eine Verpflichtungsermächtigung sind, die je nach Bedarf für die folgenden Jahre vorgesehen sind, ohne eine jährliche Summe festzuschreiben. Nach Meinung von Cord C. Schulz sind auch diese Gelder eine „Fessel“ für Frau Grütters, weil sie fest an den Standort Düsseldorf gebunden sind. OB Geisel nimmt in seinem Brief darauf Bezug, dass diese halbe Million Euro zeitnah bereit gestellt werden könnte.

Reaktion der Ministerinnen: Nach Geisels Meinung müssten beide Kulturpolitikerinnen erfreut sein, wie glatt all die Entscheidungen in Bund, Land und Stadt gelaufen sind. „Eigentlich hätte ich erwartet, dass Frau Grütters sich unbändig freut, dass wir jetzt in die Realisierung eintreten wollen. Sie hatte ja die Sorge, dass der deutsche Beitrag zur internationalen Fotokunst nicht ausreichend gewürdigt wird.  Noch vor zwei Jahren befürchtete sie, es könnte in der Fotokunst zu einem Ausverkauf kommen. Das Konzept eines deutschen Fotoinstituts für Düsseldorf ließe sich meines Erachtens durchaus noch ergänzen, es schließt eine Kooperation mit Essen ja nicht grundsätzlich aus.“

Grütters bleibt jedoch beim Votum einer Expertenkommission, die für Essen plädiert, und lässt sogar eine Machbarkeitsstudie für Essen erstellen, wobei der Standort Düsseldorf nur ergänzend betrachtet wird. Pfeiffer-Poensgen verkündet über ihren Sprecher Jochen Mohr: „Aus Sicht der Landesregierung sind sowohl in Essen als auch in Düsseldorf hervorragende Voraussetzungen für ein solches Institut vorhanden.“ Die Landesministerin hält sich also aus der gesamten Debatte heraus. Sie wolle lediglich, so heißt es eher vage, den „Prozess begleiten“.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Andreas Rimkus schrieb gar die Bundeskanzlerin an, verwies auf die eindeutigen Parlamentsbeschlüsse und bat um Vermittlung. Eine Antwort erhielt er ebenso wenig wie die Düsseldorfer CDU-Landtagsabgeordneten Angela Erwin, Olaf Lehne, Peter Preuß und Marco Schmitz, die in ihren gleichlautenden Briefen an Grütters und Pfeiffer-Poensgen vom „internationalen Siegeszug“ der Becher-Schule und von den sie begleitenden Spezialdienstleistern sprachen.

Das Düsseldorfer Problem: Geisel sagt klipp und klar: „Natürlich haben wir keinen Anspruch auf Auszahlung der Mittel. Aber Bundes- und Landesmittel für ein deutsches Fotoinstitut gibt es nur für den Standort Düsseldorf.“ Der OB hat eine ernüchternde Schlussfolgerung: „Wenn Frau Gütters Düsseldorf verhindern möchte und beim Standort Essen bleibt, hat sie gar keine Finanzierung für das Fotoinstitut.  Dann sind die Gelder erst einmal gestrichen, und Frau Grütters muss um neues Geld für Essen bitten. Ich weiß nicht, ob es in und nach Corona wahnsinnig leicht ist, noch einmal 41,5 Millionen Euro in den Haushalt aufzunehmen. Dann kippt das Projekt.“

Die Hoffnungsträger: 

Es sind die Bundestagsabgeordneten, denn sie haben sich für das deutsche Fotoinstitut am Standort Düsseldorf entschieden. Werden sie umfallen? Werden sie  einem neuen, diesen bestehenden Beschluss verändernden Beschluss zustimmen? Hierzu sagt Geisel: „Das würde mich wundern. Über die Verwendung von Haushaltsmitteln entscheidet immer noch das Parlament. Es wäre erstaunlich, wenn die Parlamentarier ihren Willen ändern würden, nur weil ihre Entscheidung einer Vertreterin der Exekutive nicht gefällt. Meinem Verständnis einer parlamentarischen Demokratie entspräche dies nicht.“