Programmkinos Die aktuellen Filme in der Einzelkritik

Düsseldorf · Diese Woche gibt es unter anderem den neuen Film von Regisseur Clint Eastwood und einen Thriller in Schwarz-Weiß-Bildern zu sehen.

Alina Serban (2.v.r.) als Ali in einer Szene des Films „Gipsy Queen“ (undatierte Filmszene).

Foto: dpa/Lukas Gnaiger

Der Fall des Richard Jewell Auf das Heldentum folgte die Hölle. Richard Jewell arbeitete als Wachmann bei einer Sicherheitsfirma, die die Olympischen Spiele in Atlanta 1996 betreute. Als er nach einer Bombendrohung einen verdächtigen Rucksack unter einer Parkbank entdeckte, informierte er die Polizei und half sofort, die Umgebung abzusperren und zu räumen. Für seinen beherzten Einsatz wurde Jewell als Held und Retter gefeiert. Doch das FBI war skeptisch. Bei einer Hausdurchsuchung fanden die Ermittler eine umfangreiche Waffensammlung und weitere belastende Indizien. Nun schwenkte die Medienmeute um, der Held wurde zum möglichen Täter, der Mensch zum verdächtigen Versager. Bis seine Unschuld bewiesen war, durchlitten Jewell und seine Mutter monatelange, demütigende Berichterstattung und mediale Vorverurteilung.

Mit seiner neuen Regiearbeit knöpft sich „Altmeister“ Clint Eastwood, der mittlerweile 90 Jahre alt ist, ein heikles Thema vor. Mit seinem unbedarften „Helden“ Jewell porträtiert er ein Opfer der sogenannten Fake-News. (Metropol, täglich 17 und 20 Uhr, mittwochs um 20 Uhr im englischen Original mit Untertiteln)

Gipsy Queen Ali war einst Stolz und Hoffnung ihres Vaters in einem kleinen Roma-Dorf in Rumänien. Die talentierte Boxerin hätte es zu etwas bringen können. Doch als sie schwanger und ohne Mann nach Hause kommt, verstößt sie der Patriarch. Jahre später ist sie in Deutschland gelandet und schlägt sich und ihre beiden Kinder mühsam als Putzfrau in einem Hotel durch. Als sie den Job verliert, bekommt sie eine Chance von Tanne, dem Besitzer des St. Pauli-Clubs „Ritze“, der sie im Boxen trainiert. Doch dann steht vor einem Kampf alles auf dem Spiel, ihre Kinder rebellieren.

Das Spielfilmdebüt des türkisch-österreichischen Regisseurs Hüseyin Tabak wurde vom Schicksal seiner Mutter inspiriert, dabei geriet diese Hommage an die wie ein Löwe kämpfende Mutter etwas klischeehaft bis kitschig. (Bambi, täglich 21.30 Uhr)

Der Geburtstag Kind vermisst. Seit der Trennung herrscht Stress zwischen Matthias und Anna, doch zum fünften Geburtstag ihres Sohnes Lukas schließen sie einen Burgfrieden: der Junge soll einen schönen Tag haben. Doch dann läuft alles „suboptimal“, der dauergestresste Matthias hat das Geschenk vergessen und außerdem hat er nur seine deutlich jüngere Freundin im Sinn. Am Ende der missratenen Feier soll Matthias einen von Lukas Freunden nach Hause bringen, denn dessen Eltern sind nicht zur Abholung erschienen und auch nicht erreichbar. Der Versuch, wenigstens einmal nicht zu versagen, gerät zur mysteriösen Odyssee mit fremden Kind.

Das Kinodebüt des aus Uruguay stammenden Drehbuchautors Carlos Andrés Morelli demonstriert den ebenso gewagten wie originellen Sprung vom Trennungsdrama zum Noir-Thriller in Schwarz-Weiß-Bildern. (Bambi, täglich 19 Uhr)

Königin Tabu im Traumhaus. Anne lebt mit Mann Peter und ihren zwei Töchtern in einem schönen Haus mit angrenzendem Wald. Als eines Tages Gustav, ein Sohn ihres Mannes aus erster Ehe, Probleme mit der Polizei hat, beschließen sie den 16-Jährigen vorübergehend bei sich aufzunehmen. Doch während Gustav auf Konfrontationskurs mit dem Vater geht, nähern sich Anne und Gustav schnell an. Mehr als es der Fachanwältin für Familienrecht lieb sein dürfte. Doch die einsame Mittvierzigerin spürt mit Gustav eine unbekannte Nähe und lässt sich schließlich auf eine Affäre ein und setzt damit ihre Existenz aufs Spiel.

Das dänische Drama von May el-Toukhy rührt mit seinen Erotik-Szenen an, ein Tabu für „ältere“ Schauspielerinnen, das Trine Dyrholm hier souverän und glaubhaft knackt. (Cinema, täglich 19 Uhr, außer sonntags)

The Wild Pear Tree Literat in der Diaspora. Nach seinem Universitätsabschluss kehrt Sinan in das Dorf seiner Kindheit zurück um über seine Zukunft nachzudenken. Einerseits ist er, wie sein Vater, Grundschullehrer, aber eigentlich möchte er Schriftsteller werden und das Provinzielle  Anatoliens hinter sich lassen. So ist er hin- und hergerissen zwischen der vertrauten dörflichen Gemeinschaft und dem engen Horizont seiner Bewohner. Da ist einerseits der Vater, der mit seiner Spielsucht immer wieder für Probleme sorgt, andererseits die schöne Hatice, die demnächst heiraten soll, aber an der Sinan immer noch Interesse hat.

Der Film von Nuri Bilge Ceylan ist von epischer Getragenheit, zu selten findet er zu einem Erzählfluss, der Menschen und Landschaft gerecht wird. Warum die türkische Produktion für den deutschen Verleih einen englischen Titelwählt, ist rätselhaft. (Atelier, 19 Uhr, Freitag/Samstag 18 Uhr, Mittwoch 17.30 Uhr, türkisches Original mit Untertiteln)

Brot Die Deutschen sind stolz auf die Vielfalt ihrer handwerklichen Brotkultur und dennoch essen sie immer mehr Industriebrot. Die Dokumentation des österreichischen Filmemachers Harald Friedl stellt diese beiden Herstellungswelten gegenüber, die nur scheinbar dasselbe Produkt herstellen.  Da ist die Managementperspektive des Großproduzenten „Harry“ und der Dorfbäcker im niederösterreichischen Gaubitsch: massiver Einsatz von Hilfsmitteln gegen reine Handarbeit. Nicht ohne Sympathie für das herkömmliche Handwerk, verzichtet der Film in seiner Darstellung jedoch auf agitatorische Parteilichkeit. (Bambi, täglich 19 Uhr)

Dialogue Earth Die Düsseldorfer Künstlerin Ulrike Arnold malt Landschaftsporträts der anderen Art. Statt schöne Ansichten wiederzugeben, fügt sie ihre Kunstwerke in die Landschaft ein. Ihre Farben und Malmaterialien gewinnt sie dabei aus der Erde selbst: zermahlene Steine, Erde oder andere Substanzen, sogar aus Meteoritenstaub schuf sie Bilder.

Die Dokumentation von Hank Levine zeigt diese Form von Landschaftsmalerei, die auch als Oneworldpainting bezeichnet wurde, als kreative Interaktion zwischen der Earth Painterin  und ihrer Naturerfahrung. (Bambi, Samstag/Sonntag 16.30 Uhr)