Verkehrspolitik Tunnel-Neubau für ein paar Busse? Geisel hört den Amtsschimmel wiehern

Düsseldorf · Das Land fordert gewaltige Umbauten, wenn Busse den Standstreifen nutzen sollen. Der OB wundert sich – und hofft weiter auf eine pragmatische Lösung. Genau wie bei den Fahrgemeinschaften auf der Umweltspur.

Auf der A46 zwischen Holthausen und Wersten will die Stadt den Standstreifen für ÖPNV-Busse freigeben.

Foto: dpa/Fredrik von Erichsen

Wie berichtet wird es eine Erweiterung der dritten Umweltspur zurück auf die A46 nicht geben. Oberbürgermeister Thomas Geisel hat jetzt gegenüber NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst klargestellt, dass auch die Stadt dies nicht weiter verfolgen werde. Dabei ging es um die reguläre rechte Fahrspur. Noch nicht aufgeben will Geisel allerdings eine Freigabe des Seitenstreifens der Autobahn für Linienbusse der Rheinbahn, wenigstens zwischen den Ausfahrten Holthausen und Wersten/Oberbilk. Denn der Standstreifen sei offenkundig gut ausgebaut und hierfür geeignet, zumal nur alle fünf Minuten ein Bus dort fahre, findet Geisel. Schon gar nicht ad acta legen will der OB diese Idee zur Erhöhung der Attraktivität des ÖPNVs (auch wenn das Ziel erst wieder nach der Coronavisuskrise im Fokus steht), weil das Land respektive die Bezirksregierung diese schlichte Maßnahme mit der ganz großen Keule vom Tisch fegen möchte. Für eine Realisierung sei laut der „Richtlinie für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln“ eine „vollständige Neugestaltung des Tunnelquerschnitts sowie eine komplette Erneuerung der Betriebstechnik erforderlich“ heißt es in dem Prüfbericht der Bezirksregierung.

Im Rathaus ist man fassungslos, zumal dann eine ellenlange Auflistung angeblich erforderlicher Maßnahmen folgte – von der Erneuerung und Aufteilung der Fahrbahn über die Verbreiterung von Fluchtwegen bis zur Installation von Kameras. Wohlgemerkt: Es geht darum, dass alle fünf Minuten ein Bus ein kurzes Stück über den Standstreifen fahren soll. Den OB provozierte das jedenfalls zu einem ausführlichen Brief an den Landes-Verkehrsminister („Lieber Herr Wüst“), der der WZ vorliegt – und der vor Sarkasmus nur so strotzt. „Hier wiehert der Amtsschimmel so laut, dass wir wohl fast in den Schutzbereich des Bundesimmissionsschutzgesetzes gelangen“, schreibt Geisel. Da sich die Landesregierung aber ja vorgenommen habe, „zügiges Verwaltungshandeln zu entfesseln“, habe er die Hoffnung noch nicht verloren, so Geisel. Insofern bittet er Wüst um eine neue, „etwas unbürokratischere“ Prüfung der Sache, „und sei es nur im Wege eines Verkehrsversuches“.

Allzu viel Hoffnung auf eine pragmatische Lösung macht man sich im Rathaus jedoch nicht mehr. Das zeigte das Beispiel Fahrgemeinschaften, wonach Autos mit drei oder mehr Insassen die Umweltspuren befahren dürfen sollen. Zunächst blockierte da Bundesverkehrsminister Scheuer, was Geisel schon vor einem Jahr zum Spruch vom „wiehernden Amtsschimmel“ animierte. Zuletzt aber lehnte auch der Bundesrat die Zulassung von Fahrgemeinschaften ab, wieder mit der erstaunlichen Befürchtung, dann würden die Umweltspuren von solchen „3+Autos“ verstopft und Busse behindert. In seinem Brief an Wüst kritisiert der OB diese Sicht erneut und regt eine gemeinsame Initiative an, die Zulassung von Fahrgemeinschaften doch noch in der Straßenverkehrsordnung zu verankern, denn: „Die befürchtete Verstopfung ist völlig abwegig, wie der Realitätscheck in Düsseldorf gezeigt hat.“ In der Tat entzündet sich viel Kritik an der dritten Umweltspur im Gegenteil daran, dass sie überhaupt nicht ausgelastet ist, während es sich daneben staut.