Ein Treffen mit Heinrich Schafmeister

Mit Armin Rohde auf der Schauspielschule, mit Jan Delays Vater in einer Musikband: Ein Schauspieler mit Sinn für Politik

Keine Miene verzogen die Mitglieder der Auswahlkommission, als er eine Szene aus Frischs Drama „Andorra“ vorspielte. Okay, dachte er sich, aus einem Platz an der Folkwang Hochschule wird also nichts. Dann kam die Einladung zur zweiten Runde, und er gab Shakespeares Richard III. Doch während er sich bemühte, die Rolle mit der gebotenen Ernsthaftigkeit zu spielen, krümmten sich die Professoren vor Lachen. Sie fanden ihn komisch. Zum Schießen.

Heute ist Heinrich Schafmeister einer ihrer berühmtesten Absolventen, sein komödiantisches Talent von damals eine feste Größe, die auch ihm selbst Freude bereitet. Er spielte in Kinoerfolgen wie Comedian Harmonists und Der bewegte Mann, machte sechs Jahre lang Theater in Aachen, wirkt in Fernsehfilmen mit und steht neuerdings in schöner Regelmäßigkeit in der Düsseldorfer Komödie auf der Bühne: Vor zwei Jahren in „Ein Käfig voller Narren“ und aktuell in der Inszenierung „Es war nicht die Fünfte, es war die Neunte“.

Beim Frühstück — welches er am liebsten auswärts in einem kleinen Café in Kö-Nähe einnimmt — erzählt er, dass seine Freundin ihn damals zur Schauspielschule geschickt habe. „Sie meinte, ich sollte endlich mal etwas Vernünftiges lernen.“

In jener Zeit zieht Schafmeister mit Piet Klocke herum, spielt in dessen Kamikaze Orkester. Jan Delays Vater ist auch dabei. „Wir haben Musik gemacht und dummes Zeug auf der Bühne.“ Dass er seine Mathebegabung nicht nutzt und studiert, können seine Eltern zwar nicht verstehen, lassen den Sohn jedoch seinen Weg gehen.

Talentiert oder nicht, die Generation damals lässt sich treiben. Sie macht lieber, als dass sie findet. „Wir wussten damals vor allem, was wir nicht werden wollten. Heute ist es umgekehrt: Die wissen ja alle ganz genau, was sie wollen. Schrecklich.“

Auf der Schauspielschule lernt Schafmeister 1980 Armin Rohde kennen, sie besuchen dieselbe Klasse. „Einmal sollten wir die Leute vor den Vorsprechen beruhigen“, erzählt Schafmeister. Sie picken sich einen jungen Burschen heraus, der einen Stuhl bei sich trägt. „Er interessierte uns. Wegen des Stuhls und auch weil er im Gegensatz zu allen anderen völlig entspannt war.“ Es ist Sönke Wortmann, der damals bei einer Tanzcompagnie jobbt. Vorsprechen will er nicht, nur den Stuhl zurückbringen. Wortmann verarbeitet diese biografische Begebenheit später in dem Kinohit „Kleine Haie“, für seinen Film engagiert er auch Rohde und Schafmeister.

Die Liste der Filme und Bühnenstücke, in denen Schafmeister bislang spielte, ist lang. „Ich bin nicht sehr wählerisch“, sagt er. „Schauspieler wollen spielen — ich will spielen.“ Dennoch empfiehlt er diesen „schönsten Beruf der Welt“ nur bedingt weiter. „Die Situation für Schauspieler ist katastrophal.“

Als 2006 in Deutschland die erste Gewerkschaft für Schauspieler ins Leben gerufen wird, gehört Schafmeister zu den Gründungsmitgliedern, ist nach wie vor ehrenamtlich als Schatzmeister für den Bundesverband der Film- und Fernsehschauspieler (BFFS) tätig. „In Deutschland werden Schauspieler nicht geachtet, es sei denn sie sind prominent. Versuchen Sie mal als junger oder unbekannter Bühnenschauspieler eine Wohnung zu finden.“ Vor allem aber seien es arbeitsrechtliche Belange, um welche sich die Gewerkschaft kümmere. „68 Prozent der deutschen Schauspieler verdienen im Jahr brutto bis zu 30 000 Euro, 4,7 Prozent mehr als 100 000 Euro.“

Wenn es mal hart auf hart für ihn käme, sagt Heinrich Schafmeister, dann könne er sich vieles vorstellen. Nur den Weg ins Dschungelcamp, den nicht. „Das ist für mich unmoralisch, die Menschen dort werden schlimm vorgeführt. Dann gebe ich doch lieber Nachhilfe in Mathematik.“