Junge Oper Eine Kinderoper im Mini-Format

Düsseldorf · Das mobile Projekt „Nils Karlsson Däumling“ richtet sich explizit an Vorschulkinder und besucht Kitas.

Sopranistin Annika Boos und Geigerin Karin Nakayama in der Kinderoper im Mini-Format „Nils Karlsson Däumling“.

Foto: Junge Oper am Rhein/Birgit Hupfeld

Vorschulkinder und Oper – passt das zusammen? Und wie das zusammen passt und dies aus verschiedenen Gründen. Nicht nur, weil Kinder ein wunderbar unbefangenes und sehr aufmerksames Publikum sein können, sondern auch weil  es essentiell ist, auch schon den kleinsten Menschen Zugänge zu der so zauberhaften Welt des Musiktheaters zu gewähren. Essentiell zugleich für die Kinder, aber auch für die Oper, möchte sie auch in Zukunft ein interessiertes Publikum haben. Auch wenn die Macher des neuesten mobilen Opernprojektes  der Jungen Oper am Rhein (Eine Kooperation mit Junge Opern Rhein-Ruhr) betonen, dass es ihnen nicht darum gehe, das Publikum der Zukunft zu formen, sondern ganz explizit um ganz eigenständige Kunst, nur eben mit einer bestimmten Zielgruppe.

Und diese Zielgruppe ist für die mobilen Produktionen in diesem Fall neu. Denn die kompakte Zwei-Mann- bzw. Zwei-Frau-Oper „Nils Karlsson Däumling“ nach der Geschichte von Astrid Lindgren richtet sich ganz bewusst an Vorschulkinder ab 4 Jahren und besucht Kindergärten in und um Düsseldorf, um Musiktheater vor Ort erlebbar zu machen. Hierdurch werden für alle Kinder in einer Kindertageseinrichtung erste Erfahrungen mit Musiktheater ermöglicht. Doch die aktuelle Produktion, die die Geschichte auf sehr liebevolle Weise verdichtet und erzählt hat auch eine weitere Wirkung. Und diese war bei einer Voraufführung in Anwesenheit von mehreren Kindergartengruppen im Foyer des Opernhauses auf sprechende Weise zu erleben. Denn das nach einem Libretto von Manfred Weiß durch Anselm Dalferth inszenierte Stückchen ist durchzogen von zeitgenössischer Musik, komponiert von dem franko-kanadischen Komponisten Thierry Tidrow. Der für die Sopranistin Annika Boos und der Violinistin Karin Nakayama eine vor avantgardistischer Spielfreude strotzende Partitur geschrieben hat. Mit viel Gespür für illustrative Klänge, die gerne aus dem breiten Repertoire der in der zeitgenössischen Kunstmusik gerne eingesetzter Spiel- und Singtechniken schöpfen. Und somit wieder ist auf durchweg inspirierte Weise bewiesen worden, dass zeitgenössische Klänge, seien sie auch experimentell, wenn sie in eine spannende Geschichte eingebunden werden, ganz hervorragend bei – auch ganz jungen – Kindern funktionieren. Dass dies so ist, war natürlich auch der mit Leichtigkeit und Witz gewürzten Interpretation von Boos und Nakayama zu verdanken. Doch Musiktheater heißt ein Ineinandergreifen, von Text, Musik, Schauspiel, Bildern und Gesten und ohne das überzeugende – nach eigenem Bekunden – in Teamarbeit gestrickte Konzept dieser kleinen Oper, wäre alle musikalische oder schauspielerische Spielfreude vergebens.

Eine große Transportkiste (Bühne und Kostüme Birgit Kellner) fungiert als Ankerpunkt. Am Anfang wirken Boos und Nakayama wie zwei Möbelpacker, vielleicht zwei Mitarbeiter einer Teppichfirma; es liegen dort halb ausgerollte Teppiche. Die beiden vermessen zunächst alles und jeden. Fast unscheinbar schleicht sich aber Stück für Stück Gesang – Boos besitzt eine herrlich gefärbte Stimme und meistert alle Kniffe von Tidrows Partitur mit Bravour – und Geigenspiel in das Geschehen. Nakayama wird nicht nur später den Däumling spielen, sondern auch fast jede Geste, jede Handlung mit ihrem Instrument auf den Punkt illustrieren. Kaum merklich sind die beiden Performer und das junge Publikum in die Geschichte Lindgrens eingetaucht. Bertil, ein Junge, der oft alleine zu Hause ist, weil Vater und Mutter immer arbeiten müssen, hört eines Tages ein Klopfen. Das Geräusch kommt von Däumling Nils Karlsson, genannt Nisse. Erst lernen sie sich kennen, freunden sich an und erleben auch das eine oder andere Abenteuer. Hierbei funktioniert die Kiste, die geöffnet werden kann und auch andere Besonderheiten hat, als hervorragendes kleines Bühnenbild und Requisitenkammer zugleich.

Unter der Projektleitung von Anna-Mareike Vohn ist ein mitreißendes Stück in Kleinformat entstanden, das auch so manchen Erwachsenen in die kindliche Welt der beiden Freunde entführen kann. Gute Oper funktioniert nun mal bei jedem Publikum. Gilt auch umgekehrt übrigens. Dass für derartige Produktionen großer Bedarf herrscht, zeigt auch, dass die Vorstellungstermine ausgebucht sind. Die Kitas, in die die Produktion kommt, können sich auf magische 40 Minuten freuen.